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Wer in seiner Freizeit immer nur im Stadtwald oder durch Parkanlagen läuft und
bei Wettkämpfen nur Stadtrandmonotonie oder City-Marathons kennt, der ahnt
nicht, welch hohen Erlebniswert die vielen Landschaftsläufe haben. Es gibt auch
ein Läuferleben abseits von Asphalt, Vorstadttristesse und Industriegebieten!
Aber zum Glück scheint allmählich ein Umdenken einzusetzen. Trails sind
plötzlich „in“, und das Angebot an entsprechenden Veranstaltungen wächst. |
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Der Allgäu Panorama Ultramarathon in
Sonthofen begeistert seit letztem Jahr zu
Recht seine Teilnehmer. Abgesehen von wenigen, kurzen Passagen ist die 69 km
lange Strecke mit je 3000 Höhenmetern Auf- und Abstieg im Vergleich zu manch
anderen alpinen Trails technisch relativ einfach zu laufen. Jedem erfahrenen
Läufer mit ausreichend Kondition kann sie uneingeschränkt empfohlen werden,
Anfänger sollten es aber besser zuerst mit dem Marathon probieren. Dass es kein
leichtes Rennen wird, sieht man schon in der Ausschreibung. „Der Ultra-Trail ist
erfahrenen Läufern vorbehalten. Bei der Anmeldung müssen 2 Ergebnisse der
jüngeren Vergangenheit angegeben werden. Über das Startrecht entscheidet der
Veranstalter.“ Mit dieser Formulierung will der Veranstalter aber kein elitäres
Rennen gestalten, sondern berücksichtigt Sicherheitsaspekte. Niemandem ist
gedient, wenn sich ein untrainierter Läufer, der bisher nur Stadtmarathons lief,
bei seinem ersten Ultra ausgerechnet an dieses anstrengende Rennen wagt und
schließlich von der Bergwacht ins Tal gebracht werden muss. Jeder Teilnehmer
muss Signalpfeife und Rettungsdecke (vom Veranstalter gestellt), sowie sein
eingeschaltetes Handy mitnehmen. Und wer in Zukunft noch höhere Ziele hat, kann
hier zwei UTMB-Qualifikationspunkte in seine Sammlung einfügen. |
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Der Ultratail kann auch in einer Dreier-Staffel gestartet werden. Außerdem im
Angebot: Der Marathon mit etwa 1500 Höhenmetern und in diesem Jahr neuer
Strecke, ein Halbmarathon mit nur wenigen Höhenmetern sowie Kinderläufe.
Einer der schönen Aspekte bei Ultraläufen ist, dass man immer Leute trifft, die
man von anderen Veranstaltungen her kennt. Außerdem lernt man natürlich jedes
Mal weitere kennen. Da sowohl die Zahl der Ultraläufer als auch das Angebot an
Veranstaltungen noch einigermaßen überschaubar ist und da viele Ultras auch
Vielstarter sind, sieht man immer bekannte Gesichter. So geht es mir auch heute
bei der Pastaparty. |
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Dann erklärt uns Axel Reusch, der Veranstalter, die Streckenführung der
einzelnen Wettkämpfe. |
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Am nächsten Morgen treffen sich die Ultras schon vor sechs Uhr beim Allgäu
Outlet mitten im Ort. Anfangs ist es noch recht dunkel, aber allmählich naht die
Dämmerung. |
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Auch hier begrüße ich einige Leute, die schon früher mal traf. Erstmals begegne
ich heute Hans Drexler alias Schneggi, dem ich gleich zu seinen
Powerschnecke-Kolumnen gratuliere. Ich genieße seine mit Abstand schrägsten
Laufreportagen Deutschlands. |
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Pünktlich um sechs Uhr laufen wir los, wie bei solchen Veranstaltungen typisch
nicht als dynamischer Wettkampfstart sondern eher locker wie beim Lauftreff. Die
ersten 2,5 km sind noch richtig flach zum Einlaufen, teilweise an der Iller
entlang, dann neben dem Sonthofer See.
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Schließlich beginnt der erste, nicht besonders schwere Aufstieg. Viele Läufer
bleiben ebenso wie ich immer wieder zum Fotografieren stehen. Wir Ultras im
hinteren Feld sind eben Genussmenschen. Noch ist die Sonne hinter den fernen
Bergketten verborgen. Das großartige Alpenpanorama überwältigt mich. Ich kenne
zwar die Bilder vom letzten Jahr, aber in Wahrheit sieht alles noch viel
beeindruckender aus. |
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Kurze Gehpausen wechseln nun mit Läufen. Zeit und Luft genug, die Landschaft aus
vollem Herzen zu genießen. Im hinteren Teil des Tales liegt ganz dünner
Bodennebel. Darüber leuchten nun die ersten Gipfel im Sonnenlicht.
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Der Untergrund und die Steigung wechseln ständig. Dies ist typisch für die
komplette Route dieses Ultralaufs. Es wird nie monoton. Breite, bequeme Wege,
dann wieder kurze Naturpfade, gelegentlich auch mal auf Asphalt, dann wieder
Schotterwege, Wiesenpfade, steinige und wurzelige Trails - immer sorgt die
Routenführung für Abwechslung. Auch der häufige Wechsel zwischen Laufen und
Gehen sowie Auf- und Abstiegen gefällt mir an der kompletten Strecke sehr gut.
Mitten auf dem Weg liegt eine tote Maus. Zuerst laufe ich daran vorbei, dann
kehre ich doch um und fotografiere sie. Ich hoffe aber sehr, dass dieses
"Mausetot-Foto" keine symbolische Bedeutung haben wird. |
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Ein Läufer hinter mir vermutet: "Vielleicht gibt es am Ziel ein Quiz: Wie viele
tote Tiere habt ihr unterwegs gesehen?“ Vorhin lag bereits ein toter Vogel auf
dem Weg, später sehe ich noch viele platt gefahrene Schnecken und auf einer
Straße einige Frösche in 2D.
Der lockere Wechsel zwischen gehen und laufen bringt uns schnell in die Höhe.
Für mich fühlt sich das wirklich nicht wie ein Wettkampf an. Das ist einfach nur
ein schöner Urlaubstag. |
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Bald wärmen uns die ersten Sonnenstrahlen. |
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Je höher wir kommen, desto schöner wird der Panoramablick. Die Sonne steht fast
direkt über den Bergen auf der anderen Seite des Tals. |
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Etwa bei km 9 erreichen wir bei der Weltcuphütte erste Getränkestation. Der Lauf
ist ausdrücklich als halbautonom angekündigt, d.h. jeder soll auch Wasser mit
sich tragen, da die Abstände zwischen den V-Punkten relativ groß sind. Im
Hintergrund sehen wir die Nagelfluhkette, bei der ich im Juli beim Alpinmarathon
Oberstaufen auf den Hochgrat lief. |
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