Kurz vor der Bergstation der
Söllereck-Bahn verlassen wir wieder Österreich.
Plötzlich höre ich hinter mir ein Geräusch. Zum Glück drehe ich mich um und
sehe, dass der Gurt meiner fast neuen Fototasche gerissen ist. Das wäre traurig,
ausgerechnet bei diesem schönen Lauf die Kamera zu verlieren! |
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Kurz darauf beginnt der langer Abstieg nach Oberstdorf, zuerst mit Genusslaufen
auf einem weiterhin sehr stark von Wanderern frequentierten Weg hinab nach
Hochleite. |
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Hier kann ich wieder so richtig Gas geben. |
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Nun wird das heutige Bergpanorama durch den Blick ins
Stillachtal ergänzt. |
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Nach einem Richtungswechsel sehe ich vor mir das Nebelhorn. |
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Nun verlassen wir die Hauptwanderroute. Der Abstieg über Treppen und Wurzeln
wird vorübergehend etwas anspruchsvoller. |
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Oberhalb des von vielen Badegästen besuchten Freibergsee laufe ich dann
wieder auf bequemen Wegen. Zu gerne würde ich jetzt auch in dem herrlichen See
schwimmen, aber unsere Route führt nicht ans Ufer. Außerdem wird es mit dem
Zeitlimit in Oberstdorf sonst für mich zu knapp. |
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Ein leichter Abstieg bringt mich hinab zur Brücke über die Stillach. |
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Vorbei an den drei Kapellen von Sankt Loretto laufen wir auf fast ebener Strecke
auf Oberstdorf zu. Da ich sehe, dass gerade Urlauber aus der größten Kapelle
heraus kommen beschließe ich, sie kurz von innen anzuschauen. |
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Unsere Route führt zum Glück nicht durch das Ortszentrum von Oberstdorf sondern
außen herum. Nur am Eissportzentrum und am Parkplatz der Nebelhornbahn müssen
wir vorbei. Hier bemerke ich besonders viele verwunderte Blicke der Leute, die
nur aus dem Auto aussteigen, mit der Gondelbahn hinauf fahren und oben gerade
noch die paar Meter zur Terrasse schaffen. Die verstehen nicht, wie man so blöde
sein kann, 3000 Höhenmeter zu Fuß zurückzulegen.
Plötzlich führt der Weg wieder ordentlich aufwärts, aus dem Ort heraus. Was ist
los? Habe ich die Cut Off Stelle mit der Verpflegung bei km 48 verpasst? Nein,
die Erdinger Arena mit den Sprungschanzen liegt wirklich etwas oberhalb der
Stadt. Eine halbe Stunde vor dem offiziellen Zeitlimit erreiche ich die Arena,
in die mehrere Skisprungschanzen münden.
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Ich trinke schnell je einen Becher Cola, Iso und Wasser und will auch etwas
essen, aber schon seit drei Stunden weigert sich mein Magen, etwas festes zu
sich zu nehmen. Vielleicht liegt es an der Hitze. Abgesehen davon fühle ich mich
noch völlig fit. Vier Stunden Zeit für die restlichen 20 km – das hört sich wie
ein Spaziergang an. Das werde ich problemlos schaffen!
Irrtum!!! Man darf den Rückweg mit weiteren 1000 Höhenmetern Aufstieg nicht
unterschätzen! Zuerst steige ich steil auf einem Fahrweg in die Höhe. Bald komme
ich an einem kleinen Wasserfall vorbei.
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Schließlich wird die Steigung angenehmer, und etwa 400 m über dem Tal laufe ich
auf einem netten Höhenweg mit Blick auf Oberstdorf, Fischen sowie zur
gegenüberliegenden Hörnerkette, wo wir heute Morgen gelaufen sind. |
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Der Weg führt immer wieder auf und ab. Laufen und Gehen wechseln wieder häufig.
Manchmal sehe ich ein paar Dutzend Meter vor und hinter mir keine anderen
Läufer, dann laufe ich wieder in einem kleinen Pulk. Bei so langen Distanzen
freut man sich, wenn man zwischendurch bekannte Gesichter sieht. Dies ist viel
schöner als bei anonymen Massenveranstaltungen wie dem Jungfrau-Marathon, den
ich inzwischen wegen dem Gedränge und dem Stau aus der Top 5 meiner schönsten
Läufe gestrichen habe, obwohl er rein landschaftlich gesehen natürlich
unschlagbar ist. Die heutige Strecke steht dafür ab sofort drin.
Bei der Gaißalpkapelle umgibt mich wieder Postkartenidylle. Ich komme mir vor
wie bei den Wanderurlauben früher mit meinen Eltern. |
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Die Hitze plagt mich immer mehr. Zum Glück bekomme ich bei der nächsten
Wasserstelle an der Gaißalp nicht nur Cola sondern auch aus einem Schlauch eine
Kopfdusche. Ich hätte nicht erwartet, dass dies so extrem erfrischt. Wie Doping,
leider nur mit kurzfristiger Wirkung. |
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In Gesprächen mit anderen Teilnehmern merke ich, dass viele Ultralauf-Sammler
dabei sind. Für mich ist dies heute abgesehen vom
Keufelskopf mein schwerster
Lauf, für andere dagegen ist es eher eine kleine Trainingsrunde, kein Vergleich
zu UTMB oder den vielen sogar noch härteren Herausforderungen. Davon bin ich so
weit entfernt wie der KSC (so leid mir das als Karlsruher tut) von der
Champions-League. |
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Beim Entschalp-Hof (km 57) erreiche ich schon recht erschöpft die nächste
Wasserstelle. Da ich seit Stunden nichts essen konnte, fehlt mir außer anderen
Nährstoffen natürlich auch Salz. Daher finde ich den Vorschlag einer Helferin,
Salz in mein Wasser zu schütten, großartig. Was wäre eine Laufveranstaltung ohne
die vielen Dutzend ehrenamtlichen Helfer, die stundenlang auf dem Berg stehen,
um uns Läufern mit Wasser, Essen und viel guter Laune zu versorgen? Auch heute
kann ich zu den V-Punkten nur sagen: Leute, ihr seit Spitze! Vielen, vielen
Dank!
An dieser Stelle auch mal ein Appell an all die anderen Läufer: Für uns sollte
es selbstverständlich sein, dass wir nicht immer nur den guten Service der
Veranstaltungen konsumieren, sondern zwischendurch auch selbst mal dazu
beitragen, dass es weiterhin ein so großes Angebot schöner Läufe geben kann.
Meldet euch bei Läufen in der Region auch selbst mal als Helfer! Meine Freundin
und ich haben schon auf recht unterschiedliche Weise Laufveranstaltungen
unterstützt. Beim KUSUH werden wir die Sache demnächst endlich auch mal aus der
Perspektive der V-Stellen erleben.
“Nur noch 300 Höhenmeter bis zum Sonnenkopf“ – das hört sich normalerweise wie
ein netter Spaziergang, aber heute kommt es mir wie eine üble Drohung vor. Nun
wird die Strecke wie schon in der Ausschreibung angekündigt steiler als alles,
was wir heute schon bewältigt haben. Zuerst auf einem Schotterweg, dann auf
einem Trail schleiche ich furchtbar langsam in die Höhe. Jetzt macht sich meine
heute sehr mangelhafte Nahrungsaufnahme deutlich bemerkbar. Mein Tank ist leer.
Verdammt, ist das anstrengend! Ich bin zwar bei Wettkämpfen schon steiler
Aufstiege hinauf marschiert, aber nicht nach 57 km und nicht bei so einer Wärme.
Der Aufstieg kommt mir endlos vor.
Vor mir stürzen zweimal andere Wanderer, was nicht an der objektiven
Schwierigkeit der Strecke liegen kann, stehen aber wieder auf, andere sitzen
oder liegen erschöpft am Wegrand. Wieder andere ziehen mit Vollgas an mir
vorbei. Ach wie sehr ich die beneide!
Neben dem Weg steht eine Bank, von der aus man einen herrlichen Blick hinab nach
Sonthofen hat.
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Zu gerne würde ich hier länger sitzen bleiben, aber noch muss ich mich weiter
aufwärts plagen. Einen Vorteil hat das langsame Gehen: ich kann unterwegs
Heidelbeeren pflücken, ohne stehen zu bleiben.
Und der Weg wird sogar noch steiler! Endlich höre ich vom Sonnenkopf her
Anfeuerungsrufe. Das brauche ich jetzt! Die Helfer da oben wissen, was jetzt in
uns Läufern los ist. Noch nie war ich so froh, einen Gipfel zu erreichen. Hier
öffnet sich uns nun auch der Blick hinein ins Retterschwangtal. |
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Die herrliche Aussicht dort oben sollte man eigentlich länger genießen. Doch da
ich für den Aufstieg so überraschend lang gebraucht habe wird es höchste Zeit,
schnell hinab nach Sonthofen zu laufen. Ich will unbedingt vor dem offiziellen
Zielschluss um 18 Uhr unten sein.
Zuerst bremst mich eine Treppe noch etwas, doch bald kann ich relativ schnell
laufen. Bald nach dem Gipfel folgt schon die nächste Wasserstelle. Hier wurde
das Material sogar mit einem Traktor hinauf gebracht.
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Der größte Teil der Abstiegsroute führt über breite, nicht allzu steile Wege,
auf denen man schnell vorwärts kommt. Nur zwischendurch muss ich auf kurzen
Abschnitten das Tempo drosseln. Das schnelle Laufen macht mir nach dem
zermürbenden Aufstieg richtig Spaß. Nur der Zeitdruck und die Hitze auf der fast
schattenlosen Strecke beeinträchtigen die Freude ein klein wenig.
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Noch eine Wasserstelle, dann sofort weiter! Zwei zum Glück nur kurze Passagen
mit wenigen Metern Aufstieg bremsen mich etwas aus, aber dann kann ich wieder
rennen. Drei Kilometer vor dem Ziel sehe ich noch mal hinter Oberstdorf
aufragenden Berge vor mir.
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Jetzt plagt mich die Hitze wirklich. Doch dann biegen wir in ein sehr schattiges
Tal und laufen an einem Bach entlang. Der Temperaturunterschied wirkt extrem
erfrischend. Ich will fotografieren, aber ein Blick auf die Uhr zeigt, dass der
Zielschluss bedrohlich nahe rückt. Also weiter!
Auf dem letzten Kilometer wartet noch eine teuflische Versuchung auf uns Läufer.
Eine Wassertretstelle, an der viele Menschen fröhlich ihre Beine kühlen, scheint
zu rufen: „Bleib stehen! Ist doch egal, wann Du ans Ziel kommst!“
Ein Ordner stoppt an einer Straße die Autos, dann renne ich noch 200 m auf einem
Fußgängerweg, und dann ist es geschafft! Knapp vier Minuten vor dem offiziellen
Zielschluss laufe ich als 118. über die Linie. Nach mir kommen in den nächsten
70 Minuten noch 32 weitere Teilnehmer an, die zum Glück alle noch in der
Ergebnisliste gewertet werden. 27 Teilnehmer mussten bereits in Oberstdorf
ausscheiden. |
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Bei der Siegerehrung zeigt sich auch der Veranstalter von der überraschend
niedrigen Finisherquote (17 Frauen, 133 Männer) enttäuscht. Sicher lag es heute
an dem warmen Wetter.
Die schnellsten Frauen: 1. Eva Übelhör in 9:03, 2. Margit Hirtzy in 9:30 und 3.
Annett Bahlcke in 9:59.
Die schnellsten Männer: 1. Matthias Dippacher in 6:33, 2. Seppi Neuhauser in
7:06 und 3. Michael Veit in 7:19. |
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Direkt neben dem Zielbereich ist das Freizeitbad Wonnemar , in dem wir Läufer
uns anschließend kostenlos im Whirlpool, den Schwimmbecken und (wem so was Spaß
macht) auf den Riesenrutschen erholen können.
Alle Teilnehmer bekamen nicht nur eine Medaille, ein Funktions-T-Shirt sowie
verschiedene Latschenkiefer-Probepackungen, sondern auch den „Allgäu Panorama
Marathon – Läufer“, eine Metallfigur auf einem schweren Steinsockel.
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Fazit:
Diese sehr gut organisierte Veranstaltung mit der herrlichen Strecke gehört in
jede Laufsammlung. Den muss man machen! Am 21.8.2011 wird auf der 69 km Strecke
auch die Deutsche Meisterschaft der DUV im Cross- und Landschaftslauf
ausgetragen. Noch ein Grund mehr, sich anzumelden!
www.allgaeu-panorama-marathon.de
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Links
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