27.8.2011 - Karwendelmarsch -
Drei Sonnenwanderungen und ein Regen-Ultramarathon im
Naturpark -
Bildbericht von Günter Kromer
F
Beinahe hätte es geklappt! Nur ein paar Stunden früher oder später, und ich
hätte mein Versprechen einhalten können, dieses Mal endlich Schöwetterfotos vom
Karwendelmarsch zu zeigen. Donnerstag, Freitag, Sonntag und Montag ist
herrliches Fotowetter, nur am Samstag übertrumpft Petrus das schlechte Wetter
der letzten beiden Karwendelmärsche sogar. |
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Damit ich Euch dennoch zeigen kann, wie schön es im Karwendel bei Sonnenschein
ist, folgen am Ende der Regenreportage noch sommerliche Impressionen der
Ausflüge, die wir vor und nach dem Lauf von Scharnitz aus unternahmen. |
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Die schönsten Fotos hätte es allerdings wirklich auf der Lauf- bzw.
Wanderstrecke gegeben, doch die müssen nun noch ein weiteres Jahr warten.
Nach vielen Jahren Pause findet der Karwendelmarsch seit 2009 wieder statt. Für
Läufer gibt es auf der 52 km langen Strecke mit jeweils knapp 2300 Höhenmetern
Auf- und Abstieg eine ganz normale Zeitwertung mit Champion-Chip, für Wanderer
und Nordic-Walker gibt es für 52 bzw. 35 km eine (dieses Mal regenfeste) Karte
zum Sammeln der Wanderstempel, aber keine Rangliste. Mit 35,-- Euro
Voranmeldegebühr für alle Disziplinen hat er ein sehr gutes
Preis-Leistungsverhältnis. Dazu kommen allerdings noch 15 Euro für den Transfer
mit einem privaten Busunternehmen, da Start und Ziel auf Straßen sehr weit
auseinander liegen. Man kann sowohl in Pertisau übernachten und vor dem Start
nach Scharnitz fahren oder umgekehrt. Wer mehrmals startet, dem empfehle ich
abwechselnd beide Varianten. Mit der Bahn erreicht man Scharnitz von
München-Pasing aus bequem ohne Umsteigen in knapp zwei Stunden. Pertisau überzeugt durch die Lage am Achensee und
viele Restaurants, in Scharnitz dagegen ist die Auswahl an Restaurants sehr
überschaubar, aber man kann von hier aus in mehrere andere Karwendeltäler
spazieren oder erreicht nach kurzer Fahrt Seefeld (A) oder Mittenwald (D) mit
empfehlenswerten Bergbahnen (siehe Ende der Reportage).
Das Besondere am Karwendelmarsch ist erstens, dass man fast die ganze Zeit über
durch den Naturpark läuft, zweitens der Öko-Aspekt. Den Teilnehmern sollen die
Ziele und die Natur des Parks nahe gebracht werden. Hier braucht man keine Sieg-
oder Streckenrekordprämien, keine „prominenten“, von Sportartikelherstellern
gesponserten Spitzenläufer, hier ist die unberührte Natur der wahre Star. Bei
schönem Wetter wird dies sicherlich ein Lauf zum die Seele baumeln lassen. Ein
weiterer, für den typischen Charakter des Karwendelmarsch wichtiger Punkt ist
die Konzentration auf regionale Bioprodukte an den Verpflegungsstellen. Schon
Wochen voraus konnte man auf der Homepage den Menüplan lesen. Unter anderem
stehen verschiedene ausgesprochen leckere Suppen auf der Liste. Hier verzichtet
man zum Glück auf Powerbar-Pampe! Echte, gute Lebensmittel! Schon dafür bekommen
die Veranstalter von mir ein großes Extra-Lob.
Annette und ich waren am Donnerstag bei herrlicher Fernsicht auf der nahe
gelegenen Zugspitze, gestern fuhren wir an einem warmen Sommertag mit der
Karwendelbahn. Kaum zu glauben, dass sich das Wetter so sehr ändern soll!
Samstagmorgen um fünf Uhr stehe ich in der als Stützpunkt für
Karwendelmarsch-Teilnehmer idealen Pension Frankenhof in Scharnitz auf dem
Balkon. Ich finde ich es trotz Regen gar nicht so sehr kalt. Daher ziehe ich
zwar Regenjacke und ein langes Shirt an, verzichte aber auf zusätzliche wärmere
Bekleidung. Dies stellt sich später als der größte Fehler heraus, den ich jemals
bei einem Lauf gemacht habe.
Nach dem Frühstück spazieren wir im Regen zum nur drei Minuten entfernten
Startgelände. Bei der Abgabe der Kleiderbeutel und bei der Startnummernausgabe
hängen Hinweiszettel, die uns vor der miesen Wetterlage warnen.
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Auch der Sprecher an der Startlinie erklärt uns deutlich, dass wir mit viel
Regen und Kälte, vielleicht sogar mit Schnee rechnen müssen und geeignete
Bekleidung nötig ist. Kaum vorstellbar, nachdem wir gestern Mittag bei 30 C im
Biergarten saßen.
Bald treffe ich Wolfram Brunnmeier, mit dem ich in diesem Jahr beim Black Forest
Trailrun und am Ballon d'Alsace gelaufen bin und Bernie Manhard, den ich schon
seit einem Jahr kenne. Beide liefen vor einer Woche bei Hitze den Allgäu
Panorama Ultra, doch heute werden sie das extreme Gegenteil erleben. Schnell
noch ein Foto von den beiden zusammen mit meiner Freundin, die sich heute auf
die 35 km Wandern beschränkt, dann fällt pünktlich um 6 Uhr der Startschuss.
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Die Wanderer und Stöckchenschwinger müssen natürlich warten, bis die
Läufer auf der Piste sind. Alle Klassen zusammen gezählt starten heute über 1200
Teilnehmer. Wie viele Läufer darunter sind weiß ich nicht, aber am Schluss
kommen trotz widriger Umstände 250 Läufer am Ziel in Pertisau an.
Schon nach wenigen hundert Meter verlassen wir Scharnitz (964 m) und steigen auf
einem Forstwirtschaftsweg nach oben. Nur kurz müssen wir von Laufen zum Gehen
wechseln, dann geht es mit nur sehr leichter Steigung auf bequemem Weg durch ein
lang gezogenes Tal.
Der Regen hört bald auf. Schon nach zwei Kilometern wird es mir in der
Regenjacke zu warm, so dass ich sie ausziehe und an den Rucksack binde.
Allmählich weicht die Nacht der Morgendämmerung. Um uns herum sehe ich trotz der
niedrigen Wolkendecke ein paar Berge. Nur die ganz hohen Gipfel werden von
Wolken verhüllt, und der Blick nach hinten zeigt ebenfalls fast nur Grau.
Kurz lässt ein winziger Fleck blauer Himmel die Hoffnung zu, das Regengebiet
würde an uns vorbei ziehen. Stärker kann man sich nicht irren! |
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Wolfram und ich laufen heute fast die ganze Zeit über zusammen. Bald erreichen
wir an der Larchetalm (1.173 m) die erste Verpflegungsstelle. |
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Abwechselnd laufen wir über Almen und durch Wälder. Kein Sessellift, keine
Skipiste, keine Straße stört das Landschaftsbild.
Vor uns sehen wir am Pass neben dem Karwendelhaus eine Regenfront, auf die wir
zu laufen. Immer häufiger wechseln wir vom Laufen ins Gehen, aber der Aufstieg
auf dem befahrbaren Weg ist nicht allzu steil. Bis zum Karwendelhaus könnte
sogar ich mit dem Mountainbike fahren. Ich lasse mir Zeit, denn ich gebe die
Hoffnung nicht auf, dass die Wolken wieder verschwinden und bessere Fotos
zulassen.
Nachdem ich vor vier Wochen den für sein sehr enges Zeitlimit berüchtigten
Chiemgau 100 mit 10 Minuten Verspätung beendet habe bin ich froh, dass heute das
Zeitlimit für Wanderer und Läufer identisch ist, ich also selbst ohne große Eile
wohl etwa 6 Stunden vor Zielschluss in Pertisau ankommen werde. |
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Es regnet wieder. Ich muss meine Jacke erneut anziehen. Der Wind nimmt zu, und
bald beginne ich zu frieren. Dann erreichen wir die Nebelgrenze. Statt unter uns
das Karwendeltal und über uns steile, beeindruckende Felswände zu sehen blicken
wir nun in düsteres Grau. Der Regen wird immer stärker. |
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Das Karwendelhaus (1.771 m) liegt etwas abseits unserer Strecke und ist im Nebel
kaum zu erkennen. Am nahe gelegenen Jochkreuz erreichen wir den zweiten
Verpflegungspunkt.
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Ich bin froh, dass ich hier oben nicht als Helfer stehen muss. Bei Wind und
knapp über dem Gefrierpunkt ist dieser ehrenamtliche Job heute sicher die Hölle.
Wir trinken Tee und essen eine heiße Kartoffelsuppe. Eine Weile bleiben Wolfram
und ich unter der Zeltplane der Verpflegungsstelle stehen und hoffen, dass der
prasselnde Regen nachlässt, doch wir kühlen beim Stehen zu sehr aus. Wolfram
lässt sich eine groß Mülltüte geben, die er sich als zusätzlichen Regenschutz
überzieht. Sieht zwar nicht sehr elegant aus, hilft aber zumindest ein wenig.
Da wir bei dem Regen ohnehin nicht fotografieren können steckt er seine Kamera
für einige Zeit in meinen Rucksack, wo sie am Schluss auch wieder die letzten
Kilometer verbringt.
Annette, die bei ihrer Wanderung eigentlich ebenfalls für diesen Bericht
fotografieren wollte, ist mit ihren Fotos auch schon fertig, denn die Kamera
weigert sich ab hier, bei diesem Klima noch ein Lebenszeichen von sich zu geben.
Nach kurzer Wartezeit laufen wir schnell weiter, um durch die Bewegung wieder an
Wärme zu gewinnen. Zum Glück geht es nun längere Zeit bergab. Der Abstieg führt
mit nicht besonders steilem Gefälle auf breiten Schotterwegen hinab.
Trittsichere Läufer können hier so richtig Gas geben.
Unterwegs brauche ich zum Schuhe binden wegen eiskalter Finger sicher zehn Mal
so lange wie normal.
Bald erreichen wir den kleinen Ahornboden (1.399 m), ein Tal mit einer
faszinierenden Vegetation. Vor allem die viele hundert Jahre alten
Bergahorn-Bäume begeistern mich.
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