5. Bilstein-Marathon am 12.04.2015
Was macht den Bilstein-Marathon so überaus
beliebt? Warum zieht er Läuferinnen und Läufer nicht nur aus der Region, sondern
aus vielen Gegenden Deutschlands, ja sogar aus dem europäischen Ausland an? Der
nachfolgende Bericht liefert eine Reihe von Antworten auf diese Fragen.
Klasse statt Masse! Der Bilstein-Marathon soll
keine Großveranstaltung werden. Durch die bewährte Begrenzung auf 500 Teilnehmer
wurde das familiäre Konzept beibehalten. Mehr Kapazitäten hätte Kleinalmerode,
das Start- und Zieldorf am Fuße des Bilsteins, auch kaum verkraftet.
Blick auf Kleinalmerode (Bild von 2014)
Gute Organisation spricht sich herum, erst
recht in Läuferkreisen. Die Verantwortlichen von sport4you e.V. stellten auch
bei der 5. Auflage wieder ein Event auf die Beine, das kaum Wünsche offen ließ.
Die in der Vorankündigung propagierten Streckenänderungen beim Marathon und
Ultramarathon machten neugierig. Schöner und trailiger sollten sie sein. Kenner
der alten Strecken konnten sich davon überzeugen: Das Orga-Team hatte nicht
zuviel versprochen. Dass die mit 1.500 Höhenmetern gespickte Ultradistanz um
einige Kilometer auf über 57 verlängert wurde, bedeutete für die Freunde des
Langstreckenlaufs einen zusätzlichen Kick.
Eine Attraktion war schon die „Nudel satt
Party“ im Kleinalmeröder Dorfgemeinschaftshaus am Vorabend. Tim Kuhlmanns
Äußerungen trafen es auf den Punkt. Der Ultraläufer des KSV Baunatal schilderte
seine Eindrücke wie folgt: „Ich habe niemanden von uns auf der Pastaparty
getroffen, saß mit einem Franzosen an einem Tisch, der den Ultra mitlaufen
wollte. War auch schwer, dort den Überblick zu behalten, es war wie immer
gerammelt voll. Einige mussten an Stehtischen essen. Dreimal war ich am Buffet
und habe nicht alles probieren können. Es gab also wieder mehr als reichlich und
es wurde bis zum Schluss nachgefüllt.“
Leckeren Kuchen für davor und danach (Bild von 2014)
Ein besonderes Highlight für Interessierte war
der anschließende Vortrag des Stuttgarters Klaus Neumann vom 100 Marathon Club,
der im Juni des Vorjahres am weltgrößten Ultralauf, dem Comrades in Südafrika,
teilgenommen hatte und nun seine Erfahrungen zum Besten gab.
Am anderen Morgen lauschten die Ultraläufer den
Grußworten der Witzenhäuser Bürgermeisterin Angela Fischer und „Ihrer Majestät“,
Kirschenkönigin Saskia I., bevor sie um halb neun auf die lange Reise geschickt
wurden. Zu der Zeit waren die 80 Wanderer und Nordic Walker schon eine Stunde
unterwegs.
Robert Thiele (li.), der nach 35
km aufgab, meine Wenigkeit und Tim Kuhlmann (re.) wenige Sekunden vor dem Start
Das erste Zwischenziel führte bei etwa acht
Grad der aufgehenden Sonne entgegen. In nordöstlicher Richtung lag der bewaldete
Rodeberg, der einmal zu umrunden war. Schon auf dem Weg dorthin kamen den
Ultraläufern die ersten Wanderer entgegen. Nach der Runde näherten sie sich
wieder Kleinalmerode. Vom offenen Gelände aus ließ sich hoch droben die markante
Erhebung des Bilsteins inmitten des Kaufunger Waldes erblicken. Bis dahin
sollten noch 36 Kilometer zurückzulegen und viele Höhenmeter zu überwinden sein.
Der kleine Abstecher ins Buchholz mit seinen
serpentinenartigen, knüppelharten Anstiegen auf schmalem, wurzelübersäten Pfad
und Treppenab- und -aufgang vor imposantem Felsen war ein willkommenes
Schmankerl, das seinen Abschluss auf einem Acker fand.
Felsen (Bild von 2014)
Nach 11 Kilometern wurde Kleinalmerode wieder
erreicht und nach einem weiteren erneut verlassen. Der wesentlich kleinere
Nordteil der Strecke war damit abgegrast. Es folgte der weitaus längere und
anspruchsvollere Streckenabschnitt durch den Kaufunger Wald südlich des Dorfes.
Er begann harmlos. Am Sportplatz nahe des Waldes war einer der zehn
reichhaltigen Verpflegungspunkte eingerichtet, nicht die erste Gelegenheit, sich
zu stärken, aber die letzte vor den Höhen des Kaufunger Waldes.
Nach KM 12 durchquerte ich das
Dorf Kleinalmerode und war hier gerade dabei, es hinter mir zu lassen
Stetig wand sich der sonnenbeschienene Waldweg,
den sich die Läufer mit den Wanderern und Walkern teilten, bergauf. Am
Umschwang, kurz vor KM 18, war eine weitere Läuferrast, und nach Überquerung der
Landstraße Nieste – Kleinalmerode dauerte es weitere fünf Kilometer bis zur
nächsten.
Nach ein paar hundert Metern wurde die
„Waldautobahn“ verlassen. Ein Pfeil nach rechts wies die Läufer ins Unterholz,
wo ein rötlich-braunes Gewässer unscheinbar zwischen den Bäumen auftauchte: Die
Rote Niestequelle. Auf der anderen Seite des Waldweges folgte gleich der nächste
„Geländeritt“, steinig, voller Wurzeln, unwegsam, ein ständiges Auf und Ab, aber
lauschig und still: Vorbei am Kleinen Steinbergsee, hinüber zum Naturdenkmal
Steinberg, wo hinter einer einsamen Wanderhütte ein Treppchen nach oben führte.
Nachdem auch der Große Steinbergsee hinter den Läufern lag, war auch diese 1 ½
Kilometer lange Etappe passé.
Die Rote Nieste Quelle (Bild von 2014)
Am Steinbergsee (Bild von 2014)
Schon kurz nach dem Parkplatz Bilstein oberhalb
Großalmerodes führte ein fast ebenso langer Trail leicht abwärts bis zu KM 28,
wo an der Verpflegungsstelle Gläsnertal ein Kontrollpunkt eingerichtet war: Die
Startnummern aller Ankömmlinge wurden abgehakt.
Die erste Streckenhälfte barg noch keine
Überraschungen gegenüber den Vorjahren. Einen ersten wirklich neuen
Streckenabschnitt lernten die Läufer gleich im Anschluss kennen. Von der
Waldsiedlung „Am Schmelzhof“ führte ein Pfad am „Giesenbach“ entlang westwärts
bis nach Wickenrode. Man konnte schon erahnen, dass nach einem längeren Abstieg
an anderer Stelle die verlorenen Höhenmeter wieder eingeholt werden mussten. Und
so war es auch. Am Ortsrand des Dorfes wandte sich die Strecke nach rechts und
mündete in einen steilen Anstieg, den die meisten wohl gehend bewältigt haben
dürften. Die letzten zwei Kilometer bis zum Verpflegungspunkt bei KM 35,
demselben wie bei KM 28, waren flach.
Trailiger Streckenabschnitt mit Stufen (Bild von 2014)
Aus zwei Richtungen wurde diese Stelle
angelaufen: Während die einen schon 35 Kilometer hinter sich hatten,
stand den anderen die 7-km-Schleife noch bevor. Beide Gruppen
versammelten sich an der Tränke. Nur mussten die Schnelleren nach rechts
und die Langsameren nach links weiterlaufen. Ein Schelm, der Böses dabei
denkt! Aber wie schon erwähnt, die Startnummern wurden ja registriert.
Zufällig begegnete Tim Kuhlmann, der den
Ausflug nach Wickenrode bereits absolviert hatte, dort seinem Vereinskameraden
Robert Thiele, der just aus der Gegenrichtung heranlief. Aufgrund einer
Verletzung hatte Robert eineinhalb Wochen nicht trainieren können. Ankommen hieß
seine Devise. Als er aber von der 7-km-Runde zurückkehrte und sich am
Verpflegungspunkt mit Ess- und Trinkbarem versorgte, war es ihm schlicht
unmöglich, wieder anzulaufen. Die Beine versagten ihren Dienst. Schweren Herzens
sah er sich gezwungen, das Rennen aufzugeben. Bei 35 Kilometer und einer Zeit
von 5:11 Stunden wäre es ihm ohnehin schwergefallen, das Zeitlimit einzuhalten,
zumal im letzten Drittel der beschwerliche Bilstein zu besteigen war. Er war
nicht der einzige, der an jenem Punkt auf den Rücktransport nach Kleinalmerode
wartete. Der dafür vom Orgateam angeforderte Krankenwagen ließ fast 1 ½ Stunden
auf sich warten. Inzwischen war es fast 18 Grad warm und weiterhin sonnig, die
Gefahr einer Verkühlung bestand also nicht.
Die Laufstrecke führte indes ab KM 35 drei
Kilometer nur bergab. Rechter Hand flossen Schwarzbach und Rote Nieste zur
Nieste zusammen. Leicht und locker konnte man hier die Füße laufen lassen. Umso
mühevoller war der lange Anstieg auf der gegenüberliegenden Seite des Tales.
Nach fast fünf Kilometern des ununterbrochenen Bergauflaufens stellte der
berüchtigte Bilsteinaufstieg den Höhepunkt dar. Einen würdigen Empfang bereitete
den Läufern und Wanderern der Musikzug Kleinalmerode, der neben Turm und
Bergrestaurant postiert war.
Aussichtsturm Bilsteins (Bild von 2014)
Der Ausblick vom Hochplateau des Bilsteins bei
635 m über NN ins sonnige Umland des Meißners und weit darüber hinaus war sehr
eindrucksvoll. Gerne hätten die Läufer dort länger verweilt, aber die Uhr blieb
nicht stehen. So begaben sie sich nach einer kurzen Pause an der Trinkstation an
den Abstieg, dessen erste 100 Meter in der Ausschreibung unter die Kategorie
„böse“ fielen.
Meine Vereinskameraden Jörg
Lorenz (li.) und Lars Bubenheim am Bilstein, dem höchsten Punkt (635 m über NN)
Ausblick vom Bilstein (Bild von 2014)
Nach dem „vielarmigen Wegweiser“ folgte die mit
acht Kilometern längste „Erholungsphase“, wenn man den fast beständigen
Bergablauf durch den nach Norden führenden Wald so nennen darf. Ein kurzer Trail
beendete diesen Abschnitt. An der Wassertretstelle bei Roßbach wurde der Wald
endgültig verlassen und eine weitere Verpflegungsstelle erreicht. Sechs
Kilometer lagen nur noch vor den Läufern und Wanderern. Anders als bisher
verlief die Endphase nicht über Oberroßbach, sondern direkt an Roßbach vorbei
durch die Wacholderheide, die mit einigen „kleinen, aber fetzigen Abschnitten“
aufwartete, wie es hieß. Diese waren aber teilweise so „giftig“, dass die
meisten Kenner des Bilstein-Marathons sich nach der altbekannten Schlussetappe
gesehnt haben dürften. Denn hatte man vormals Oberroßbach erstmal erreicht, gab
es hernach keine knackigen Anstiege mehr zu bewältigen. Im neuen Streckenverlauf
herrschte daran bis zum Schluss kein Mangel. Beim Durchlaufen der Wacholderheide
konnte man nur sporadisch den Blick auf Roßbach schweifen lassen, da die
schmalen, geschotterten Pfade volle Aufmerksamkeit erforderten, vor allen Dingen
bei dem fortgeschrittenen Ermüdungszustand.
Einerlei, das Ziel war nicht mehr fern. Die
letzten hundert Meter führten bergab. Der Zielsprecher war schon von Weitem zu
hören. Eine langgezogene Rechtskurve verlief geradewegs in den Zielkanal hinein,
wo der Sprecher, Martin Werner vom Veranstalter sport4you e.V., alle Ankommenden
namentlich benannte und mit Handschlag begrüßte. Jeder Finisher erhielt eine
Medaille und konnte sich freuen, an einem schönen Landschaftslauf erfolgreich
teilgenommen zu haben. Das am Morgen noch verschlafene Dörfchen war mittlerweile
hellwach. Auf dem Dorfplatz am Gemeinschaftshaus herrschte Volksfeststimmung.
Mit Hochbetrieb wurden Getränke und Würstchen verkauft, und drinnen gab es
Kaffee und eine fette „Kuchen satt Party“.
Im Zielbereich sind Jörg, Lars
und ich ganz entspannt
Hier stehe ich auf dem Dorfplatz
neben dem Dorfgemeinschaftshaus
Zwei Marathonis des KSV Baunatal konnten das
erhebende Gefühl genießen, die Ultradistanz geschafft zu haben: Heiko
Rammenstein (5:58:34,5 Std.) und Tim Kuhlmann (6:32:07,1 Std.). 158 weitere
Läuferinnen und Läufer fanden ebenfalls den Weg ins Ziel.
Tim Kuhlmann, kurz vorher ins
Ziel gelaufen, und ich
Die Marathonstrecke war bis KM 26, das heißt
bis nach dem Trail an den Steinbergseen und dem Bilsteinparkplatz oberhalb
Großalmerodes, identisch mit der längeren Strecke. Allerdings entfielen die
Wickenrode-Tour und der Ausflug ins Schwarzbachtal. Stattdessen ging es ohne
Umschweife hinauf zum Bilstein, wo sich beide Strecken wieder vereinten.
Pünktlich um 10 Uhr wurde der Marathon
gestartet. Die KSV-Läufer Lars Bubenheim und Jörg Lorenz waren im 83köpfigen
Teilnehmerfeld. Sie bereiten sich derzeit auf den Zugspitz Ultratrail im Juni
vor und sammeln daher jede Menge Höhenmeter. Wie gewohnt bewältigten sie die
Strecke gemeinsam, hatten Spaß an den netten Trails und waren 4:53:32,4 Std.
(Jörg) und 4:53:35,8 Std (Lars) unterwegs.
Als der Zielsprecher ihre Namen posaunte, eilte
Heiko aus dem Dorfgemeinschaftshaus nach draußen, um sie zu empfangen. Auf einer
der bereitgestellten Bänke konnten sie sich ausruhen und sich herrlich kühles
Hefeweizen reinziehen. Alkoholfreies, natürlich! Wenige Minuten später gesellte
sich auch noch Tim nach dessen Zielankunft dazu.
Längst verschwunden war zu der Zeit schon
Tobias Flörke. Um 10:30 Uhr zum Halbmarathon mit insgesamt 154 Teilnehmern
angetreten, spielte er seine gute Form aus, die er sich in den letzten Wochen
antrainiert hatte. Trotz Zurückhaltung war er bereits nach 1:48:52,8 Std. im
Ziel. Am 26.04. steht der Hamburg Marathon an, dem er beruhigt entgegen sehen
kann.
Halbmarathon |
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Tobias Flörke |
1:48:52,8 Std. |
10. M30 |
Marathon |
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Jörg Lorenz |
4:53:32,4 Std. |
10. M40 |
Lars Bubenheim |
4:53:35,8 Std. |
11. M40 |
Ultramarathon |
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Heiko Rammenstein |
5:58:34,5 Std. |
18. M40 |
Tim Kuhlmann |
6:32:07,1 Std. |
12. M30 |
Links
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