Ängstlicher Läufer und Hofhund
Auf einem schönen Wanderweg erklimmen wir die ersten Anhöhen, während so langsam
der Tag zur Neige geht. Daher genießen wir noch einmal die schönen Ausblicke in
die Niederungen der Donau schon fern von uns.
Schließlich biegen wir von einer Landstraße auf einen Fahrweg links ab.
Dabei müssen wir an einen Bauernhof vorbei, wo der Hofhund herumstreunt und uns
lauthals ankläfft. Da Thomas eine Angst vor Hunden hat, wagen Alex und ich uns
zuerst einmal vor. Zu unserer Freude zieht der Hund den Schwanz ein und macht er laut
bellend einen Rückzieher in Richtung Hof. Dennoch traut sich Thomas hier immer noch nicht
vorbei.Wir können ihn einfach nicht den nötigen Mut machen.
Also läuft er auf der Straße über uns ein Stück weiter und findet sich durch Gestrüpp und Unterholz
kämpfend endlich wieder den Anschluss an uns.
Wieder ein kleines Abenteuer überstanden, wobei ich mich scherzend frage, wer
jetzt mehr Angst hatte, der Hund oder Thomas?
Beginn der Nacht
Bei "Hoch", der Name passend zu unserer ersten großen Passhöhe, bricht die
Laufnacht endgültig an. Wir schalten unsere Stirnlampen an. Unser Sichtfeld
beschränkt sich nun mehr und mehr auf den Lichtkegel unserer "Scheinwerfer".
Hinter Rammersberg bricht die lange Laufnacht an!
Die Schlucht
Es ist sehr schade, dass wir nachts so wenig sehen, denn nun laufen wir auf
einem wunderschönen Singletrail durch die Schlucht des Bogenbachs zwischen
Steinburg und Neukirchen. Als ich die Hänge mit meiner Stirnlampe bestrahle, kann
ich Felswände entdecken. Bei Tageslicht ist es hier sicher eindrucksvoll!
Die Nacht ist sehr feucht. Die Kröten freuen sich darüber, wir aber weniger!
Späte Einkehr
Hinter der Schlucht kommen wir gegen 22:30 in Neukirchen an. Zu unserer großen Freude scheint noch
eine Gaststätte offen zu sein. Wir treten ein und fragen nach, ob wir noch was
zu trinken haben können. Die Wirtin meint, dass sie eigentlich schon schließen
wollte, aber da wir nun mal da sind, darf jeder von uns noch was bestellen. Natürlich kommen wir
dabei miteinander ins Gespräch. Die üblichen
Fragen nach dem Woher und Wohin sind nicht neu für uns. Aber es ist neu, dass
die Wirtin weder darüber erstaunt ist, dass wir noch durch die Nacht wollen, noch über
unser großes Ziel dem Großen Arber. Als sie
uns erzählt, dass sie bereits den Jakobsweg in voller Länge gewandert ist,
wundert uns das auch nicht mehr. Endlich trafen sich mal Gleichgesinnte!
Holpriger Weg nach Sankt Engelmar
Als wir wieder in die Nacht hinaustreten, fängt es leicht zu nieseln an. Nun
kommt wohl der für die Nacht angekündigte Regen, auf den wir so gut verzichten
könnten. Der Weg steigt ständig an. Lag Neukirchen mal bei gerade bei 360 m
ü NN wird die erste große Passhöhe bei Sankt Englmar in über 900 m ü NN liegen.
Das sind also über 500 Höhenmeter, die nun vor uns liegen. Da es zwischendurch
auch mal wieder etwas bergab gehen wird, sind es wohl sogar 600 - 700
Höhenmeter. Für Alpinläufer wäre das nicht so viel, aber mit nun bald 60 km in
den Beinen und das dazu mitten in der Nacht sollten wir das nicht unterschätzen!
Der eigentliche große Anstieg beginnt dann hinter Obermühlbach, wo wir uns just
an einer Weggabelung im spitzen Winkel für ein paar Hundert Meter verlaufen.
Besonders ärgerlich ist dabei, dass wir zuerst wieder ein Stück bergab laufen
müssen, bevor wir wieder auf dem richtigen Weg sind.
Kurz dahinter beginnt der Bergwald und der Weg wird immer holpriger und steiler.
Die feuchte und nebelige Luft sorgt für eine gespenstische Atmosphäre. Den Weg
säumen außerdem immer wieder uralte Grabsteine und Totenbretter. Das ist ja
richtig gruselig! Was bin ich froh, dass ich heute nicht alleine in diesem
Geisterwald bin, sondern Alex und Thomas als Beschützer dabei habe! Das zumindest
solange sich nicht der Hound of Baskerville oder gar ein Werwolf blicken lässt,
da ja Thomas bekanntermaßen Angst vor bellenden Vierbeinern hat.
Endlich erreichen wir eine erste Passhöhe. Dort steht eine beeindruckende
Wallfahrtskapelle mit allerlei reich verzierten Totenbrettern davor. Wir
bewundern diese Handwerkskunst.
Nach dieser kurzen Verschnaufspause geht es
auf einem Kreuzweg Richtung Sankt Englmar weiter. Mittlerweile regnet es. Daher
bekommen wir sehr schnell patschnasse Füße, als unser Weg auch noch eine
Bergwiese mit hohem Gras quert.
Mitten in der Nacht treffen wir nach etwa 60 km Laufstrecke auf diese Kapelle
vor Sankt Englmar
Kreuzweg in der Nacht
Rast im Kurpark von Sankt Engelmar
Als wir gegen 1:00 morgens Sank Englmar erreichen, fällt immer mehr Regen. Hier
oben ist es recht kühl. So frieren wir.
Im Kurpark
entdecken wir ein kleines Festzelt. Da ist es trocken, Hier wollen wir uns daher
ausruhen, bis der Regen etwas nach lässt. Ich ziehe meine Schuhe aus und
leere den zuvor eingesammelten Dreck aus. Dann reinige ich auch die Füße. Wegen der Nässe schauen sie
ganz verrunzelt aus. Als sie schließlich etwas trockener sind, reibe ich sie
noch einmal mit Hirschtalgcreme ein. Vielleicht kann ich ja so weiterhin Blasen
vermeiden. Bislang zeigen sich keine Blasen, auch wenn ich schon
die eine oder andere Druckstelle spüre. Nach dieser Behandlung fühle ich
mich um Klassen besser.
Endlich lässt der Regen etwas nach. Wir laufen daher weiter. Nun geht
es durch die Ortschaft, wo in einer Disco unüberhörbar noch richtig was los ist.
So gehen die einen dem Nachtleben in Discos nach, während wir unser ganz
spezielles Nachtleben genießen.
Bei einer überdachten Bank mit großer Wanderkarte und allerlei
Informationstafeln erreichen wir in gut 900 m Höhe und nach etwa 65 km
Laufstrecke unsere erste große Passhöhe des Laufs. Hier oben ist es bei dem
Regen schon ziemlich frisch. Aber ab nun soll es erst einmal für längere Zeit
bergab gehen. Sicher wird es dann auch wieder etwas milder!
Erste große Passhöhe bei St. Engelmar in etwa 900 m ü NN
Am Ortsausgang von Sankt Englmar laufen wir über einen riesigen und leeren
Parkplatz. Er ist wohl für die Skilangläufer im Winter gedacht. Wir
Sommerlangläufer sind dagegen ziemlich einsam auf der Flur. Nur die zweite und
später gestartete Laufgruppe um Manfred ist hier auch unterwegs. Wo sie wohl
gerade sind?
Am Ende des Parkplatz sollte eigentlich ein Weg weiterführen. Aber wir können
ihn in der Dunkelheit nicht entdecken und weichen daher auf die Straße aus. Da
inmitten der Nacht ohnehin kaum Autos fahren, stört hier höchstens der
Asphalt. Aber nach dem langen holprigen Weg nach Sank Englmar hoch sind wir über
Asphalt gar nicht so sehr erbost.
Vor Hochstraß können wir wenigstens auf eine Seitenstraße ausweichen. Wenige
Kilometer später biegen wir endlich wieder auf einen Wanderweg ab. Dieser führt
durch einen finsteren Wald. Da es recht steil bergab geht und der Weg wieder mal
sehr holprig ist, müssen wir dabei in der Dunkelheit auf jeden Schritt achten.
Dazu muss
ich höllisch aufpassen, dass wir nicht vom richtigen Weg abkommen.
Es ist gar nicht so leicht sich in der Dunkelheit im Wald zu orientieren!
Bei Kirchaitnach endet der Wanderweg. Wir laufen nun wieder auf einer
Landstraße. Entgegen der ursprünglichen Wegplanung biegen wir hier nicht auf
einen weiteren Waldweg ab, sondern bleiben auf der Landstraße. So sparen wir uns
ein paar Hundert Meter Laufstrecke und zusätzlich ein paar Höhenmeter. Wir
sparen also Energie, wo es nur geht!
Der Morgen graut
Die folgende Strecke ist sehr hügelig und nach etwa 70 km Laufstrecke überwinden
wir in gut 650 m Höhe eine weitere Passhöhe mit etwa 200 Höhenmeter
Höhenunterschied. Wir fühlen uns nun schon etwas erledigt und es macht sich auch
Müdigkeit breit. Aber da die Nächte Ende Mai recht kurz sind, graut schon langsam
der Morgen und weckt neue Lebensgeister in uns.
Gern angenommene Erfrischung
Es folgen nun weitere schöne Waldwege, auch mit Singletrails. Da es im Wald
immer noch recht dunkel ist, müssen wir beim Laufen weiterhin sehr aufpassen.
Ich muss außerdem ständig darauf achten, dass wir uns hier nicht
verlaufen.
Endlich geht es nun aber verstärkt bergab, während zuvor die Strecke meist
anstieg. Wir nähern uns also Teisnach und damit dem Tal des
Schwarzen Regen.
Als endlich der Morgen graut haben wir vor Teisnach bereits knapp 80 km
Laufstrecke geschafft
Immer wieder entdecken wir reich verzierte Totenbretter. Eine schöne Tradition,
die im Bayerischen Wald hoch gehalten wird
Bei Teisnach überqueren wir den Schwarzen Regen. Der Regen ist ähnlich wie
zuvor die Donau eine ziemliche Barriere auf dem Weg zum Hauptkamm des
Bayerischen Waldes, weil nur wenige Brücke darüber führen. Aber nun habe wir
auch diese überwunden!
Dahinter laufen weiter in Richtung Böbrach. Dabei geht es mal wieder durch einen
dieser endlosen Fichtenwälder. Da es nun wieder meist aufwärts geht, kommen wir
nicht allzu schnell voran. Alex schreit nach heißen Kaffee, aber wo können wir
das heiße Gebräu bekommen?
In Teisnach überqueren wir den Regen. Bis zum Arber ist es gar nicht mehr so
weit, aber es warten noch viele Höhenmeter auf uns!
Der Bergnebel versperrt die Sicht. Wann kommt denn endlich dieses verdammte Böbrach? Eine
Holzscheune mit allerlei Totenbrettern an der Wand kündigt den Ortsrand an.
Mittlerweile haben wir schon 85 km geschafft.
Auf dem Weg in Böbrach geraten wir wieder in den Bergnebel
Mittlerweile im Ort hören wir das laute Bellen eines Hundes und Thomas erschrickt dabei.
Aber wo ist der Hund? Erst ein Blick nach oben verrät, wo der Störer der
Morgenruhe sitzt. Aus einem offenen Fenster im 2. Stock schaut ein schlappohriger
Vierbeiner herunter. Aber seine Aufmerksamkeit gilt nicht uns sondern einer
Katze, die mit Katzenbuckel über eine Mauer stolziert und das Gebelle
majestätisch ignoriert.
Hund und Katz in Böbrach
Nach soviel Aufregung hätten wir uns sicher einen Kaffee und ein Frühstück
verdient. Dieser Wunsch bleibt aber nicht lange Vater des Gedanken sondern
erfüllt sich wieder Erwartens schnell. Hier ist ja ein Cafe, dass so früh
am Sonntagmorgen sogar offen hat. So kommen Alex und Thomas zu ihrem Kaffee und
ich zu meiner Tasse Schokolade, da ich keinen Kaffee mag. Beides wärmt uns
jedenfalls auf und weckt zusammen mit dem kleinen Frühstück neue Lebensgeister. Diese sind auch notwendig, da auf uns
beim Sternknöckel die nächste Passhöhe in etwa 800 Meter Höhe erwartet.
Wir
überwinden also bei dieser Tour einige Höhenzüge des Bayerischen Waldes, bevor
wir später endlich auf den eigentlichen Hauptkamm treffen. Wir erleben also bei
unserer Tour sehr
bewusst einen Geografieunterricht zum Thema Topographie des Bayerischen Walds.
Gleich hinter Böbrach beginnt wieder ein großer Fichtenwald. Auf einem sehr
steinigen Waldweg gewinnen wir schnell an Höhe und tauchen wieder in die
Nebelsuppe des Bergnebels ein. Alex gönnt sich dabei zur Stärkung eine Dose
Thunfisch aus seinem Eigenproviant. Ich scherze dabei seinen Run Thru Frühstück in
Anlehnung des Drive Thru bei Mac Donalds & Co,
Bergwald im Morgennebel
Hinter Böbrach erreichen wir beim Sternknöckel in etwa 800 m ü NN eine weitere
Passhöhe
Auf der Passhöhe können wir vom rechts von uns liegenden Gipfel des
Sternknöckels nichts erkennen, weil es hier ja einmal sehr waldig und dazu auch
noch nebelig ist. Gleich dahinter geht es Richtung Mais erst einmal wieder
ziemlich steil bergab. Füße und Beine tun beim Bergablauf meist mehr weh als
bergauf. Während man bergauf schnaufen muss, verzieht man bergab die Miene, weil
jeder Schritt nach so vielen Kilometern zum wahren Genuss wird.
Endlich erreichen wir Mais. Das ist unsere letzte Ortschaft vor dem Arbergipfel.
Mich nervt schon längere Zeit die Schuheinlage des linken Schuhs, weil sie
ständig nach hinten rutscht und mir so die Ferse aufreibt. Entnervt entferne ich
sie nun aus dem Schuh. Leider spürt nun meine linke Fußsohle die Nähte der
Fußbekleidung, die ja sonst von der Einlage überdeckt sind. Wenigstens habe ich relativ
dicke Strümpfe an. So ertrage ich das halbwegs. Die Situation ist zwar nun nicht
perfekt aber dennoch
etwas angenehmer als zuvor.
Hinter Mais folgt dann der lange aber auch finale Anstieg in Richtung
Arbergipfel
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