14. OstseeMan am 2. August 2015 - Bericht und Bilder von Jürgen Sinthofen
Wir Marathon- und Ultraläufer trainieren regelmäßig, um unsere selbst gesteckten
Ziele im Wettkampf oder auch bei Genussläufen mit Freunden in einem angemessenen
Trainingszustand und mit Freude zu erreichen. Hierfür wissen wir um unser
Lauftraining Bescheid, meist durch Fachlektüre und eingebunden in der Routine
mit Freunden vom Laufverein und Laufbekanntschaften. Aber oft gestaltet sich das
Training halt nur aus Läufersicht und dadurch vielleicht auch etwas einseitig
mit den damit verbundenen gesundheitlichen Risiken, resultierend aus einseitiger
Belastung.
Eine der besten Möglichkeiten einseitiges Training zu vermeiden ist vielseitig
zu trainieren. Aber nicht jeder hat Lust, nur etwas zu trainieren, ohne das
Trainierte auch mal in einem Wettkampf zu testen. Anerkanntermaßen bietet
Triathlon, eine in den 80er Jahren aufgekommene Sportart bestehend aus
Schwimmen, Radfahren und Laufen, die beste Voraussetzungen, ein Crosstraining
bestehend aus diesen drei Sportarten mit einem Wettkampf zu verbinden.
Ich selbst habe 1986 meinen ersten Triathlonwettkampf bestritten und seitdem nie
aufgehört, mal mehr oder mal weniger die verschiedenen Disziplinen zu
trainieren. Darauf führe ich auch zurück, dass ich seit knapp 30 Jahren ohne
ernsthafte Verletzung wettkampfmäßig Marathon laufe.
Dieses Jahr war es mal wieder soweit, einen Langdistanztriathlon zu bestreiten.
Hierzu hatte ich mir den 14.OstseeMan in Glücksburg an der Flensburger Förde
ausgesucht. Dieser traditionsreiche Event ist anerkanntermaßen auch
international einer der schönsten Langdistanztriathlons über 3,8km Schwimmen,
180km Radfahren ohne Windschatten und 42,195km Laufen.
Angemeldet hatte ich mich erst im Juni 2015, ohne den Stress noch einen
Startplatz zu ergattern. Der Charme, man muss sich nicht bereits ein Jahr vor
dem Wettkampf anmelden und horrende Startgebühren zwischen 400 und 550 Euro
bezahlen wie bei anderen renommierten Veranstaltern (z. B. Challenge oder
Ironman), sondern ist in Glücksburg ab 260 bis 300 Euro je nach Anmeldezeitpunkt
dabei.
Mein Trainingszustand dieses Jahr war wieder okay, es standen für mich als
Vorbereitung 36km Schwimmen, ca. 4.000km Radfahren und ca. 1.100km Laufen für
dieses Jahr im Trainingslog zu buche.
Nach einer langen Anfahrt von Oberfranken kamen wir erst am Samstag Nachmittag
in Glücksburg an. Andere Triathleten erzählten, dass wir eine stimmungsvolle
Pastaparty mit Livemusik, verschiedenen Pasta, Salat, Kuchen und Getränken am
Freitag Abend verpasst hatten.
Die Anfahrt zum Kurpark am Strandhotel war gut ausgeschildert und die Abholung
der Startunterlagen gestaltete sich reibungslos.
Mit der Startnummer erhielten wir einen individuell für die Veranstaltung
bedruckten Rucksack mit letzten Informationen, Schwimmkappe, Tattoos für die
Arme mit unserer Startnummer und die verschiedenfarbigen Wechselbeutel. Meinen
eigenen Championchip für die Zeitnahme konnte ich direkt testen, alles bestens.
Die kleine Läufermesse war sehr stimmungsvoll, wir hatten ja auch tolles Wetter
bei ca. 25°C und Sonnenschein. Super auch der Aufbau der Wechselzone, alles
kompakt direkt im Park, d.h. vom Schwimmstart und Ziel waren es ca. 50m in die
Wechselzone und auch das Ziel war direkt zwischen Ostsee und Wechselzone
gelegen.
Nachdem die Wechselbeutel für den Wechsel vom Schwimmen zum Radfahren und vom
Radfahren zum Laufen gepackt waren, ging es zum Einchecken. Nachdem das Rennrad
und der Radhelm auf Sicherheit geprüft waren, hing ich diese am vorgesehenen
Platz an ein Metallgestell und eine zur Verfügung gestellte Plane schützte das
Rad, den Helm und die Radschuhe für die Nacht. Nachdem auch die Wechselbeutel am
jeweiligen Holzgestell bei meiner Startnummer deponiert waren, konnte der
Wettkampf kommen.
Startnummernausgabe
Triathlonmesse im Kurpark
Gleich wird das Rad für die Nacht verpackt
Die Wechselzone mit Wechselbeuteln und Zelt
Sonntag, 7 Uhr morgens. Blauer Himmel, etwa 20°C. Die Plane über dem Fahrrad
hatte ich bereits abgenommen, die gefüllte Trinkflasche in die Halterung getan
und ein letzter Toilettengang ohne Anstehen waren erledigt. Neopren angezogen,
Badekappen und Schwimmbrille zurecht gefummelt und raus aus der Wechselzone zum
Strand neben der Seebrücke des Strandhotels.
Etwa 400 Einzelstarter (gemeldet hatten über 500 und die Ergebnisliste zeigte
339 Finisher) und 130 Schwimmer der Staffeln (drei AthletInnen teilen sich die
drei Disziplinen) harrten in ihren mehrheitlich langarmigen Neoprenanzügen, zur
Unkenntlichkeit vermummt mit Badekappe und Schwimmbrille, auf den erlösenden
Startschuss zu einem tagesfüllenden Sportprogramm.
Pünktlich erfolgte der Massenstart, eine Tradition in Glücksburg im Gegensatz zu
den Wellenstarts anderer Veranstaltungen.
Als schwächerer Schwimmer reihte ich mich ziemlich hinten ein und watete die
ersten paar Meter in die ca. 17°C kalte Ostsee. Dann ging es ca. 150m zu einer
Boje raus, dann im rechten Winkel rechts ca. 800m parallel zum Ufer zu einer
weiteren Boje, wieder rechts und zurück zu einer Boje an der Seebrücke. Nochmals
rechts und die erste von zwei Schwimmrechtecke war geschafft. Für mich lief es
gut, dank eines guten geliehenen Neoprenanzuges und zweier Badekappen empfand
ich das Wasser nicht als kalt und durch seitlich versetztes hinterher schwimmen
kam ich auch kaum mal in einen Nahkampf mit anderen Schwimmern.
Nach etwa 1h22min und einigen nicht unangenehmen Berührungen mit Qualen kam ich
aus dem Wasser, duschte ausgiebig unter dem Schwimmzielbogen mit Süßwasser das
Salzwasser vom Oberkörper und lief unter dem Applaus vieler begeisterter
Zuschauer in die Wechselzone.
Noch schnell etwas getrunken, dann den Wechselbeutel gegriffen, rein ins
Umziehzelt und ein Vollstrip. Ich nahm mir die Zeit meine normalen Radklamotten
anzuziehen, andere sparen sich diese ca. 4 Minuten extra und bestreiten den
Wettkampf in einem Triathloneinteiler, welcher bereits unter dem Neopren
getragen wird.
Schwimmutensilien in den Wechselbeutel zurück, dieser wurde dann von Helfern
wieder am Holzgestell zur Abholung am Abend aufgehängt, und im Laufschritt in
Socken zum Rennrad.
Helm auf, Radhandschuhe an und das Rad aus der Wechselzone geschoben. Danach
rauf aufs Rad, in die Radschuhe schlupfen und los ging es gleich leicht bergan.
Die letzten Starter streben zum Schwimmstart
Wechsel vom Schwimmen zum Rad
Rauf auf das Rad und los
Die erste Radrunde war spannend, da ich den Kurs vorher nicht abgefahren hatte.
Vorbei an der Fördetherme ging es an die Hauptstraße hoch welche halbseitig für
den Autoverkehr gesperrt war. Nachdem wir die Straßenseite gewechselt hatten,
hier hatte der Veranstalter ein geschicktes System entwickelt damit das auch mit
dem Autoverkehr reibungslos klappte, ging es in Ulstrupfeld nach rechts ab.
Glatter Asphalt, aber dafür ging es nach etwa vier Kilometern einen
langgezogenen Hügel mit ca. 4% Steigung hoch, ziemlich hart. Dann links auf
einem ca. 3m breiten asphaltierten Feldweg nach Wees. Ein kleiner Kreisverkehr,
dann ein schnuckeliges Wohngebiet mit teilweise gepflasterter Straße. Gut das
darauf eine Landstraße über Ulstrup nach Rüde zu bewältigen war welche recht
flach und kaum windanfällig war.
Nach einer scharfen Rechtskurve im Ort gab es eine Verpflegungsstelle mit
Wasser. Man warf eine leere Trinkflasche in einen Behälter und erhielt dafür
eine gefüllte Flasche. Nach Ringsberg ging es dann für etwa drei Kilometer auf
die halbseitig gesperrte B199 nach Langballig. Auf diesem Abschnitt konnte man
Tempo machen und parallel zu den Autos fahren womit manch netter Sichtkontakt
ermöglicht wurde, guter Asphalt, etwas Schiebewind und mal keine 90° Kurven.
Leider ging dieses Stück schnell vorbei, aber auch in Langballig wurden wir von
begeisterten Zuschauern angefeuert.
Ich fühlte mich wie bei den „Comrades“ in Südafrika. Ganze Nachbarschaften
trafen sich in einem strategisch günstig gelegenen Garten zum Frühstück, später
zum Grillen, um uns anzufeuern. Eine wirklich super und ehrliche Stimmung. Ein
Zuschauer hatte sich für jede Radrunde eine andere Verkleidung ausgedacht – man
freute sich so schon auf die nächste Überraschung.
Nach einem Hohlweg wieder eine Straße, dann links ab in Richtung Weizenfelder.
Ein schöner Ausblick auf die Ostsee, es ging bergab, aber wie noch einige Male
mehr, musste man seinen ganzen Schwung brutal abbremsen, um rechtwinklige Rechts
bzw. Linkskurven sicher anzusteuern.
Vorbei an Bauernhöfen, kleine, nickelige Anstiege und dann runter an die Ostsee.
Parallel zum Wasser für ein paar hundert Meter, eine leichte Anhöhe und oben die
Hauptverpflegungsstelle.
Es gab Wasser und Iso in Radflaschen, Banane, Gel, Würstchen und Riegel. Alles
wurde ohne Hektik von tollen HelferInnen gereicht, ganz super.
Wir erreichten wieder Rüde, auch ein tolles Stimmungsnest, und dann ging es nach
Glücksburg rein. Eine Riesenstimmung, es ging zweimal bergan, wir wurden von den
Zuschauern förmlich hochgetragen, ohne das diese die Fahrbahn so eng machten wie
z. B. am Solarer Berg in Roth. Oben angekommen wurden wir von einem kompetenten
Sprecher begrüßt und angefeuert, große Klasse. Dann Zeitnahme, Wasserverpflegung
und leicht bergab ging es in die zweite von sechs zu fahrenden Runden durch die
herrliche Landschaft von Angeln. Es wurde richtig warm, geschätzte 26°C, aber
auf dem Rad kein so großes Problem.
Ich genoss die weiteren Runden, nachdem ich auf der ersten Runde noch dachte,
dass die teilweise schmalen Wege noch zu Behinderungen führen würden. Aber nein,
man konnte sehr wohl sein Tempo fahren und beim Überholen oder Überholt werden
waren die Protagonisten alle sehr rücksichtsvoll. Ich hatte keine einzige
brenzlige Situation erlebt.
Aber leider ging das Radfahren auch mal vorbei, ich hatte es dank der tollen
Zuschauer, welche nie nachließen uns anzufeuern, echt genossen. Rechts abbiegen
und den Berg zur Wechselzone runter gerollt.
Absteigen, das Rad wurde von einem Helfer abgenommen (Zitat: „Wir kennen uns ja
schon“) und wieder ab zum Wechselzelt. Vorher noch den gelben Wechselbeutel von
der Stellage gegriffen und meine Marathonstandardklamotten angezogen – so viel
Zeit musste sein!
Raus aus dem Zelt, etwas getrunken und nach 40m war ich auf der Laufstrecke an
der Seepromenade. Eine Riesenstimmung! Ein Schauer ging mir über den Rücken –
was bei mir und meinen vielen Veranstaltungsteilnahmen wirklich selten vorkommt,
und ich war sofort im Tritt, kein Eiern nach dem Radfahren zum Laufen.
Richtung Hauptstraße
Die Förde Therme
Km 4, es geht bergan
Nach dem Hügel
Viele kleine Straßen prägen den Radkurs
Kurz vor Wees
Wees
Straßenseitenwechsel wird angezeigt
Auf der B199, hier konnte man etwas Tempo machen
Langballig, ein absolutes Stimmungsnest
Der Herr hier hat sich für jede Runde umgezogen
Durch diesen Hohlweg ging es weiter
Die schöne Landschaft von Angeln
Und die eiszeitlichen Endmoränen hatten uns Hügel aufgebaut
Disziplinierte Kurvenfahrten
Immer wieder schmale asphaltierte Feldwege
Christian Schnell ist schnell unterwegs (9.59,17 - Maßarbeit) |