4. Silk Road Marathon in Kirgisistan am 2. Mai 2015
- Laufbericht und Bilder von Jürgen Sinthofen
Zentralasien, für mich ein weißer Fleck auf der Landkarte, deshalb waren die
zufällig von einem Moskauer Lauffreund erhaltene Information zu einem
kirgisischen Marathon die Initialzündung zu einer ganz kurzfristig geplanten
Marathonreise.
Mit einem Minibus fuhr ich nach dem
Almaty Marathon
in Kasachstan für 7 Euro in das ca.
250km entfernten Bischkek, der Hauptstadt Kirgisistans. Nach 4 Stunden
reizvoller Fahrt auf gut ausgebauten Straßen durch weite, grüne Steppe mit
Kamelen, Pferden und Schafherden sowie des bis zu 4.000m hohem schneebedeckten
Alatau-Gebirge zu unserer Linken erreichten wir die Grenze.
Der Grenzübertritt war kein Problem, für beide Länder brauchen Deutsche kein
Visum, und so war das sehr empfehlenswerte ganz neue Hostel "Interhouse",
zentral an der Philharmonie von Bischkek gelegen, erreicht.
Ein erster Stadtbummel, Abendessen in einem von Studenten empfohlenen Lokal für
ca. 5 Euro, ein sehr schöner Auftakt des Kirgisistan Abenteuers.
Wie so oft, am nächsten Tag hatte ich das Glück, zwei Mädels aus München beim
Frühstück kennenzulernen, die mich auf eine 5stündige Radtour durch Bischkek
mitnahmen.
Norbert, ein deutscher Privatier aus Schweinfurt, der diese Radtouren durch die
ehemalige sowjetische Vorzeigestadt Bischkek anbietet, erklärte und zeigte
unserer kleinen Gruppe von 5 Personen viel von Bischkek und Kirgisistan.
Diese sehr empfehlenswerte Tour kostet ca. 38 Euro für die Gruppe plus ca. 6
Euro pro Fahrrad. Dieses und weitere Angebote unter
www.gecaen.com.
Am Freitag um kurz vor 9 Uhr ging es mit dem Taxi vom Hostel zum Balletthaus
(ca. 1 Euro für 3km), dem Treffpunkt zur Abfahrt mit Minibussen zum
Veranstaltungsort des Marathons im ca. 250km entfernten
Bosteri.
Die Fahrt für 6 Euro wurde vom Veranstalter des Marathons angeboten und so
konnte man schon auf der Anreise mit Gleichgesinnten quatschen.
Die Fahrt ging wieder, jetzt südlich des Alatau-Gebirges, auch auf guten Straßen
vorbei an riesigen Weidegebieten, wo die Viehherden von Hirten auf Pferden
bewacht wurden, durch noch sehr sowjetisch geprägte Ortschaften teilweise
parallel zur mit Stacheldraht gesicherten Grenze mit Kasachstan zum
Issykul See,
dem nach dem Titicacasee zweitgrößten Gebirgssee der Welt.
Nach ungefähr vier Stunden Fahrt erreichten wir Bosteri auf 1.600m ü.N.N.
ungefähr mittig am Nordufer das 180km langen Sees.
Das Kurhotel "Kirgistan" war der Hammer, ein riesiger Komplex aus Sowjetzeit.
Kirgisen bestätigten mir, dass sich das Ambiente, der Service und das Essen seit
dieser Zeit nicht geändert hat – eine für uns Wessies echte Zeitreise!
Für 18 Euro pro Nacht gab es ein Einzelzimmer mit Vollpension. Die Matratzen
waren total durchgelegen, die Zimmer abgewohnt, aber sauber und ruhig. Im
riesigen, holzgetäfelten Speisesaal Massenabfertigung mit durchwachsenem Essen.
Das Schwimmbad und die Sauna waren nur gegen relativ hohe Extragebühr zu nutzen.
Sehr schön der riesige Park mit vielen verwahrlosten Gebäuden (Freibad, Diskos,
Spielplätze, etc.), der sich zwischen Hotel und Seeufer erstreckte. Das Seeufer
war ein riesiger Strand, der an die Adria erinnerte. Wunderbar der Blick auf das
schneebedeckte Gebirge, das sich am gesamten Südufer des Sees erstreckte. Klare
Luft und absolute Ruhe. Rechts von uns in ca. 2km Entfernung ein Neubaugebiet,
auch in Kirgisistan wird in (lokalen) Tourismus investiert, mit Achterbahn und
Riesenrad. Auch ein Hallenbad mit 50m Becken gab es dort.
Die Abholung der Startunterlagen in einem Seitenflügel des Hotels klappte
reibungslos. Außer der Startnummer mit Zeitnahmechip gab es noch ein
Baumwoll-T-Shirt.
Neben dem Marathon wurde ein Halbmarathon, 10km -und 5km-Lauf angeboten.
Insgesamt waren so ca. 400 LäuferInnen dabei.
Auffällig viele Japaner waren da, das lag daran, dass seit der Premiere vor drei
Jahren die japanische Botschaft dieses Event massiv unterstützt. Viele Japaner,
welche in den zentralasiatischen Ländern arbeiten, nutzen dieses Wochenende, um
sich zu treffen. Aber auch Amerikaner und Deutsche, viele bei den Botschaften
oder sozialen Einrichtungen beschäftigt, nutzten diese Gelegenheit für eine
Landpartie mit ihren Familien. Kein Wunder, denn der Silk Road Marathon ist der
einzige in Kirgistan angebotene Marathon.
Samstag, die ganze Nacht hatte es stark geregnet und der Wetterbericht am Vortag
versprach für den Vormittag keine Besserung bei 8°C, aber Gott sei Dank, trocken
und bedeckter Himmel bei ca. 12°C – soviel mal wieder zu Wetterberichten ...
Nach einem für die Läufer um 7 Uhr angebotenen Frühstück mit Käsebrot, Milchreis
sowie Omelette mit Würstchen und Tee ging es zum Start vor dem Hotel.
Mit der Ansprache des Bürgermeisters, des japanischen Botschafters und einer
japanischen Musikdarbietung verging die Zeit bis zum Start, ohne dass ich ein
Wort verstand - Englisch ist nicht gerade verbreitet in Kirgisistan.
Die Zeitnahme wurde 5 vor 9 Uhr noch von der eigens aus Russland angereisten
Zeitnahmefirma angeschlossen, aber diese Last Minute Aktion verzögerte den Start
nur um 4 Minuten. Dies tat der lockeren Stimmung am Start keinen Abbruch.
Abholung der Startunterlagen
Die Zimmerschlüssel liegen bereit
Eine Gruppe Hörgeschädigter läuft mit
Das Medieninteresse ist groß
Der Bürgermeister spricht, der japanische Botschafter hört zu und eine
Marathonläuferin übersetzt für die Hörgeschädigten – ich habe trotzdem nichts
verstanden
Die Anschlüsse werden wohl rechtzeitig fertig
Alternative Laufschuhe aus Filz gefällig?
Traditionell sind viele Japaner am Start
Ein berühmter japanischer Wrestler motiviert die LäuferInnen (links)
„Nie mehr Faschismus“ bekunden die beiden super netten Hörgeschädigten
Alle Wettbewerbe starteten zusammen, was den angereisten Medienvertretern ein
großes Teilnehmerfeld für die Kameras garantierte, und es ging zuerst auf
schlechter Straße für 2,5km zur Hauptstraße in Bosteri.
Der Veranstalter hat auf diesen ersten Kilometer die SchülerInnen von Bosteri
aktiviert, welche in ihren Schuluniformen und mit Luftballons winkend, alle 10m
Spalier standen und uns mit gedämpftem Enthusiasmus anfeuerten.
An der Hauptstraße, der Silk Road, angekommen, ging es rechts ab und dann immer
geradeaus auf breiter Straße in Richtung Osten. Hier wurde es schon ruhiger, da
der 5km Wendepunkt bereits passiert war und doch sehr viele Aktive diese Strecke
gewählt hatten. Nochmals um einiges ruhiger wurde es nach dem 10km Wendepunkt.
In einer kleinen Laufgruppe mit Amerikanern ließ ich es ruhig angehen.
Auf einer pappelgesäumten Allee ging es vorbei an teilweise künstlich
bewässertem Weideland. Rechts lag der See, links die wolkenverhangenen Berge,
kein Wind und stetig steigende Temperaturen begleiteten uns.
Da die Marathonstrecke auf der einzigen Straße am Nordufer des Sees verlief,
hatte der Veranstalter die sehr gute Idee, diese für uns LäuferInnen sicher zu
machen.
Die Polizei stoppte den Autoverkehr an den beiden Endpunkten der Laufstrecke und
setzte sich dann an die Spitze eines Konvois von Autos, der dann langsam das
Läuferfeld auf der anderen Straßenseite passierte. War dieser Konvoi am 21km
Wendepunkt angekommen, fuhr der Konvoi in die entgegengesetzte Richtung los.
Somit gab es keinen Gegenverkehr bei den Autos und damit war ein ausreichender
Abstand zu den Läufern gewährleistet.
Wir durchliefen mehrere kleine Ortschaften mit ihren kleinen Holzhäusern und
Wellblechdächern in schnuckeligen Gärten mit blühenden Obstbäumen. Mancher
Vorgarten wurde von weidenden Pferden kurz gehalten. Die Bewohner sahen uns
erstaunt zu, angefeuert wurden wir selten, trotzdem ein angenehmes Publikum.
Die Verpflegungsstationen alle ca. 3km waren mit Wasser, Tee, Bananen und
teilweise Tütenhonig, Schokolade und Energieriegel sowie Schwämmen unerwartet
gut bestückt und die vielen HelferInnen machten gut Stimmung und waren um das
Wohlergehen der Protagonisten sehr bemüht.
Kurz vordem Start (der spätere Sieger mit Nr. 1022)
Die Strecke ist klar
Die Stimmung passt
Trommelwirbel
Start
Die Berge sind wolkenverhangen
Die Schulkinder stehen Spalier
Schüler mit typischen kirgisischen Hüten
Kurz vor dem 5km Wendepunkt
Folklore
Streckenmarkierung mal anders
Noch läuft es bei allen gut
Ein Autokonvoi kommt entgegen
Pferde müssen trotz Marathon gehütet werden
Tourenradler auf der Seidenstraße unterwegs
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