Trans Gran Canaria 360° vom 22. -
26.02.2017 – 265
Kilometer und 13.000 Höhenmeter rund um Gran Canaria
Sie nennen sich „PTL“, „Euphoria“
oder schlicht „360 Grad“, es sind die „großen Schwestern“ oder die „großen
Brüder“ von etablierten, meist schnell ausverkauften und stets immens
interessanten Läufen - und sie haben vieles gemeinsam.
Stets verzichten die Organisatoren auf eine Beflaggung der Stecke, eine gute
Kenntnis von GPS-Geräten ist also notwendig, in der Regel sind die Strecken um
die 100 Prozent länger als die Hauptevents „UTMB“, „La Ronda dels Cims“ oder „TransGranCanaria“
und in der Regel bekommst Du mindestens die doppelten Höhenmeter als beim
Hauptevent.
Wer aber, wie ich, denkt, dass man
einfach das Hauptevent zwei Mal laufen muss, der irrt gewaltig. Die Strecken,
die belaufen werden, sind vollkommen anders und meist erheblich schwerer als
eben beim Hauptevent, das ja vornehmlich von noch normal tickenden Ultraläufern
bestritten werden soll.
„Positiv verrückt sein“ ist bei diesen Superevent durchaus ein echter Vorteil,
egal, ob es sich um den „PTL“, „Euphoria“ oder eben, wie bei mir, um den Bewerb
„360 Grad“ handelt.
Selten hatte ich mich so akribisch auf einen Bewerb vorbereitet wie auf den „360
Grad“. Ich habe mit den Track angesehen, als er endlich veröffentlicht wurde und
habe ihn mir im Detail vorgestellt. Bis dahin dachte ich, Gran Canaria
einigermaßen gut zu kennen und habe mir also Details vorgestellt, ohne wirklich
zu wissen, ob der Track in diesem oder in jenem Tal entlang läuft.
„Du sollst Dir kein Bildnis machen“ ist schon eine der wichtigsten Sätze aus der
Bibel, aber das gilt auch - und vielleicht ganz besonders – fürs Trailrunning.
Ich hatte mir also einen Plan zurecht gelegt für die 265 Kilometer mit gut
13.000 Höhenmetern, immerhin hatte ich ja schon vier Mal den zwischen 119 und
128 Kilometer langen „TransGranCanaria“ finishen können.
Aber irgendwann trifft dann ein Plan auf das, was wir Realität nennen und dann
merkst Du, dass es sinnvoll gewesen wäre, unbelastet und ohne klare Bilder in
solch ein Rennen zu gehen.
Ich will also hier über einen Lauf berichten, den ich deutlich unterschätzt
habe. Und über einen Lauf, der für mich nach bescheidenen gut 100 Kilometern
schon vorbei war. Weil Kopf und Beine leer waren, weil die Gedanken Achterbahn
gefahren sind und weil mir, zumindest an diesem Wochenende, die notwendige Härte
dafür gefehlt hat.
Wer nun aber denkt, dass ich mit Groll oder Enttäuschung an diesen Lauf zurück
denke, der irrt. Ganz im Gegenteil: ich bin noch immer beflügelt und geflashed
und ich kann es kaum abwarten, bis oben auf dem Kalender „2018“
steht und es zu einer neuen, der zweiten, Auflage des „360 Grad“ geht.
Schon der Start um 09.00 Uhr vor der Expo Meloneras in Maspalomas, in Sichtweite
des Faro, des wunderschönen Leuchtturms und in großer Nähe zu den weltberühmten
Dünen, der größten Dünenlandschaft Europas, ist ein echtes Erlebnis gewesen.
Wir wurden aufgefordert, bereits um 08.00 Uhr vor Ort zu sein, Zeit für viele
Gespräche also, auch wenn die „deutsche Fraktion“ eher klein war. Und so blieb
auch noch Zeit, meinen ersten Fehler korrigieren zu lassen: ich hatte meine
vorderen Trinkflaschen im Appartement gefüllt, aber dort auch stehen gelassen.
Dank einfliegender Elfen erhielt ich die beiden Flaschen fünf Minuten vor dem
Start.
Die Gehirnwindungen durften aber bis dahin schon die ersten Umdrehungen wagen.
Etwa zehn Minuten vor dem Start wunderte ich mich, warum wir auf der „falschen
Seite“ der Startlinie standen. Und dann kam eine Stimme aus dem Off, die den
späteren Sieger rief:
„Start number 6001 from Italy: Peter Kienzl!“‘
Peter ging dann von der „falschen Seite“ der Startlinie durch das Start-/Zieltor
auf die andere Seite und wir alle durften artig applaudieren.
Und wieder ein Name. Und wieder Applaus.
Und dann kam: „Start number 6011 from Germany: Thomas „TOM“ Eller!“
Ich wusste gar nicht, wie mir geschah, was ich denken, fühlen und vor allem
nicht, was ich tun sollte.
Ich hatte das Intro so interpretiert, dass die Favoriten so kurz vorgestellt
wurden. Und Favorit war ich ja nun mal definitiv nicht, das wäre ich nicht
einmal bei einem Schülerlauf über 3.6 Kilometer.
Jeder Einzelne der knapp über 100 Starter wurde so aufgerufen und durfte diesen
kleinen Weg hinter die Startlinie gehen. Und jeder bekam seinen Applaus. Ein
großartiges Erlebnis! Gib mir unbedingt mehr davon!
Sieben
Deutsche waren wir am Start, leider haben nur zwei, Christian Müller und Franz
Meiser, die Ziellinie erreicht, beide etwa gleich schnell in 98 ½ der maximalen
101 Stunden. Hatte ich mir vorher unmöglich vorstellen können, wie man für diese
265 K 101 Stunden Zeit brauchen könnte, war es am Ende so, dass außer mir Mitte
30 weitere Läufer*innen aussteigen mussten und von den 68 Finishern brauchten
immerhin 16 Teilnehmer 98 Stunden oder länger. Unglaublich, hammerhart, etwas,
das Du gesehen, erlebt haben musst.
Pünktlich um 09.00 Uhr ging es dann los und der Anfang war das Ende des „TransGranCanaria“
in umgekehrter Richtung. Erst der urbane Einlauf bis zum Kanal, dann der Weg im
Kanal und das nahegelegene Tal auf einer „dirt road“ entlang. Dann ging es von
diesem recht bequemen Weg ab in ein ausgetrocknetes Flussbett. Dieser Teil ist
typisch für die Bewerbe des „TransGranCanaria“, das Laufen ist schwer, weil Du
ständig auf große, lose Steine treten musst.
Danach ging es den Steingarten nach oben, alles schön, aber unspektakulär. Und
alles im Rahmen des Bildes, das ich mir vor der Strecke gemacht hatte.
Und so blieb es auch bis Tunte.
Kurz vor Tunte hast Du irgendwann etwa 1.050 Meter über N.N. erreicht, nach
Tunte geht es dann erst mal wieder deutlich und länger herunter.
Tunte ist eine der schönsten kleinen Städtchen auf Gran Canaria, sehr typisch
und auf der Hauptstraße gibt es ein kleines, meist von Radfahrern belegtes,
Restaurant, in dem Du die besten „Kanarischen Kartöffelchen mit hausgemachter
Mojo-Sauce“ bekommst, die ich auf der Insel in all den Jahren gegessen habe.
Aber die gibt es natürlich nicht beim „360 Grad“. Aber wir nutzten den Kiosk
unweit dieses Restaurants, um unsere Wasservorräte aufzufüllen. Drei Liter, so
die Pflichtausrüstung, sind ganz schön wenig Flüssigkeit, viel zu wenig, wie ich
im Nachhinein finde.
Und dort gönnte ich mir auch die erste eiskalte Cola.
Und ab jetzt erkannte ich, dass das Bild, das ich mir gemacht hatte, komplett
falsch war. Beim „TransGranCanaria“ gibt es einen netten Trail zum Cruz Grande
und dort beginnt mein Lieblingsweg auf Gran Canaria, ein gewundener Trail rauf
auf den Sattel zwischen dem Pico de las Nieves und dem weltberühmten Roque Nublo.
Und den zu Laufen entsprach meinem Bild.
Wir aber liefen erst noch weiter runter, durch die kleinen Häuser von Tunte
hindurch und dann kam etwas, das den Namen Trail eigentlich nicht verdient
hatte. Es ging einfach gerade hoch, nicht allzu steil, aber ohne irgendwelche
Wege. Der Punkt war, dass die Büsche dort, durch die wir durch mussten, harte
und spitze Dornen hatten und die folgenden vielleicht fünf Kilometer schaffte
niemand ohne Dutzende von Schnitt- und Stichwunden als Souvenir mitzunehmen.
In dieser Phase schloss ich mich einer Gruppe Spanier an, die mir den Eindruck
machten, in „Wegfindung“ eine gute Note bekommen zu haben, während ich selbst
bei diesem Fach immer „Kreide holen“ war.
Wir gingen also immer weiter auf die steil aufragende Felswand zu und ich
betete, dass wir diesen Streckenabschnitt doch bald hinter uns haben würden.
In der Ferne, etwas weiter links, sah ich Cruz Grande und begann, von dem
schönen Trail dort zu träumen. Andererseits hoffte ich, später dann vor mir
einen ähnlich schönen Weg in einem Kamin zwischen den Felswänden vorzufinden.
Und wenn es dann anders wird, anders als geplant, dann schwankst Du zwischen
Himmel und Hölle, zwischen Glück und Wut. Was also da folgte, das war
spektakulär und wirklich einmalig. Noch nie habe ich mich eine Wand hinauf
gequält, ohne einen Weg zu sehen.
Im Grunde ging es einfach einen Wasserlauf mit Wasserfall hinauf. Es gab keinen
Weg, wohl aber gelegentlich schlecht sichtbare Steinmännchen. Meist aber sahen
wir sie nicht, obwohl wir in einer Gruppe von neun Läufern gemeinsam suchten.
Immer wieder fand unser Weg ein jähes Ende, immer wieder ging es zurück und wie
in einem Labyrinth versuchten wir einen neuen Weg, oft mit einem ähnlich
negativen Ergebnis.
Auf der anderen Seite war das tatsächlich ein echt cooles Tal und eine
Erfahrung, die tatsächlich „outstanding“ war.
Meine Zeitprognose, wann wir denn in Garanon, beim ersten DropBag, ankommen
würden, musste ich von sieben Stunden sukzessive auf achteinhalb Stunden
korrigieren.
So geil dieses Stück Strecke auch war, ich komme nicht umhin, den Organisatoren
zuzurufen, dass hier unbedingt in der Zukunft geholfen werden muss. Zumindest
dieser Schlot nach oben sollte geflaggt werden. Die erfahrene
Wüstem-Ultraläuferin Bridget Wefelnberg stürzte hier ab, das muss ja nicht sein.
Und noch etwas: das Zeitlimit für Garanon lag bei 11 Stunden 45 Minuten (Ausgang
aus dem CheckPoint). Wer also auf Cut-Off lief, der erlebte diese Stelle in der
Dunkelheit. Es ist mir ein Rätsel, ob diese Passage alleine und im Dunklen
überhaupt machbar gewesen wäre.
Ich erinnere mich an „La Ronda dels Cims“ in Andorra, wo bei einer ähnlich
prekären Situation bergab, Helfer vor Ort waren und der gefährliche Bereich war
hell erleuchtet, ähnliches hatte ich beim BVG Trail am Gardasee erlebt. Hier
allerdings wurden wir schlichtweg alleine gelassen.
Was für ein Glück, dass ich diesen Teil mit drei anderen Deutschen gemeinsam
bewältigen durfte.
Auf mich selbst gestellt wäre das für mich wohl das Ende gewesen.
Und wenn es dann anders wird, anders als geplant, dann wird es vielleicht auch
besser, als Du glaubst. Und im Rückblick weiß ich, dass ich im nächsten Gran
Canaria Urlaub genau diesen Schlot immer und immer wieder bewältigen werde, so
lange, bis ich jeden Stein dort mit seinem Vornamen ansprechen kann.
Oben angekommen begann es zu regnen und es wurde immer kühler. Meine Laufpartner
Frank, Oli und Christian zogen sich Regenjacken an, ich wollte noch bis Garanon
abwarten und mich dann auch gleich für die Nacht rüsten, es waren ja nur noch
drei, vier Kilometer, meist leicht bergab und alles auf einem breiten und gut
laufbaren Waldweg.
In Garanon angekommen zog ich mich
also für die Nacht um. Den DropBag sollten wir bei km 195 erneut sehen, bei km
98,5 sollten wir einen anderen DropBag zu Gesicht bekommen.
„Laktat macht blöd“ heißt es ja und ich nahm viel von diesem Spruch an. Ich
entledigte mich meiner Sonnenbrille und meiner Kappe und stopfte sie in den
DropBag statt in den Rucksack, irgendwie denkend, den DropBag bei km 98,5 wieder
zu bekommen. Und sechzig Kilometer, so meine These, wäre ja eine gute
Nachtetappe. Auch wählte ich meine warme Dreiviertelhose und stopfte die kurze
Hose ebenfalls in den DropBag.
Von nun an ging ich alleine weiter und irgendwann schloss ich mich einem
tschechischen Läufer an, denn gerade durch die Nacht ist es meist leichter, zu
zweit zu laufen.
Hatte ich schon erwähnt, dass drei Liter Wasser die Pflichtausrüstung waren? Wir
durften aber auch die Kiosks und Gaststätten an der Strecke zum Einkaufen
nutzen, leider gab es nicht allzu viele davon, schon gar nicht in der Nacht. Und
sechzig Kilometer mit nur drei Litern Wasser?
Beim Briefing hatte eine Teilnehmerin noch explizit gefragt, ob die zwischen den
DropBag-Stationen liegenden Checkpoints denn über Wasser verfügen würden, das
wurde aber bestimmt und definitiv mit „No!“ beantwortet.
Sechzig Kilometer also mit drei Litern Wasser. Und das auf einem Kurs, der im
Profil eigentlich nur bergab geht, in der Realität aber immens hart war, weil es
dauernd auf und ab ging. Vielleicht hätte mich die Angabe der kumulierten
Höhenmeter stutzig machen sollen:
Garanon: 2.326 Meter, La Aldea: 4242 Meter, also fast so viele Höhenmeter wie
bis zum ersten DropBag – und den gab es fast am höchsten Punkt der Insel.
Und wenn es runter ging, dann ging es weit runter – und immens steil.
Dazu kam, dass ich mich erst auf die Kontrollstelle Las Ninas nach 20 Kilometern
freute, als Etappenziel gewissermaßen. Dieser Checkpoint aber blieb unbesetzt
und erst nach knapp 30 Kilometern hatte ich für mich die Sicherheit, dass meine
Laufuhr nicht spinnen würde.
Und so rechnete ich mir aus, dass es sehr, sehr eng werden würde mit dem Wasser
bis La Aldea, dem nächsten DropBag Punkt.
Ich entschied mich, nur immer nach zwei Meilen einen großen Schluck zu trinken,
auf jeden Fall zu wenig, aber ich musste ja die Flüssigkeitsaufnahme
reglementieren.
Einige der anderen Teilnehmer hatten ebenfalls „Ebbe“ in ihrer Reserve und nach
einem „sakrisch steilen“ Abstieg, erst über eine kurz gewundene Treppe, dann
über eine steil nach unten abfallende Wiese, kamen wir in einem Dörfchen an,
fast wieder auf Meeresniveau. Und da stand jemand.
Mit Wasser! Die ganze Wassersparerei hätte also nicht sein müssen.
Und dieser jemand sagte uns sogar, dass ein paar Meter die Straße runter ein
Cola-Automat stehen würde, wieder mit eiskalter Cola.
OK, die normale Cola war aus, aber mir schmeckte in diesem Fall die Diet Coke
ebenfalls. Und die Sprite auch.
Ganz sicher hätte ich ohne dieses zusätzliche Wasser und diese zusätzliche
Flüssigkeitsaufnahme nicht mehr den DropBag Punkt La Aldea erreicht, ich hatte
mir schon den neuen Plan zurecht gelegt, noch bis Mogan weiter zu gehen und dort
so lange zu pausieren, bis ein Supermarkt, eine Bäckerei oder ein Kiosk
aufmachen würde.
Es war sehr früh am Morgen, vielleicht vier Uhr und wir gingen weiter.
Irgendwann begann es, hell zu werden und wir waren nach erneuten knackigen
Anstiegen irgendwann beim Punkt km 85, ab jetzt ging es nur noch bergab zur
nächsten DropBag Station in La Aldea, 14 lange Kilometer. Und mein Laufpartner
wollte nicht mehr Laufen. Und sein Gehen war mir eigentlich viel zu langsam.
Also ging ich, stand ich, wartete ich.
Ich weiß nicht wirklich, warum ich mich in dieser Phase nicht von ihm löste,
irgendwie fühlte ich mich in der Bleibeschuld. Kurz, es war ein Fehler.
Vierzehn Kilometer mit einer Zeit von rund 10 ½ Minuten pro Kilometer können
ganz schön nerven, aber dann waren wir irgendwann doch beim DropBag, gegen 9 Uhr
am Morgen, etwa 14 Stunden vor dem Cut-Off.
Zwei Stunden blieb ich dort insgesamt. Ich duschte, ich aß, ich trank und ich
bereitete mich auf den Tag vor, die Sonne begann die Gegend zu wärmen.
Die kurze Laufhose – im andern DropBag! Die Sonnenbrille, die Kappe? Im anderen
DropBag.
Also ging es dann weiter in der warmen Dreiviertelhose und meine Abstecher in
den SPAR Markt, in eine Drogerie und in einen anderen Supermarkt waren
erfolglos. Zwar gönnte ich mir dort noch einmal richtig kaltes Mineralwasser,
aber es gab weder eine Kappe noch eine Sonnenbrille zu kaufen.
Immer wieder musste ich die Augen zukneifen, die Sonne war heiß und hell. Die
Gedanken begannen, Achterbahn zu fahren. Was würde passieren, wenn ich ohne
Brille und Kappe einen verbrannten Hinterkopf und leidende Augen bekäme? Knapp
100 Kilometer wären es bis zum nächsten DropBag, dem DropBag aus Garanon, den
mit der Kappe, mit der Sonnenbrille, mit der kurzen Laufhose, dem guten,
schönen, best ausgestatteten DropBag! Und bei der Geschwindigkeit, die ich zu
dieser Zeit hatte und dem Bewusstsein, auf diesen 100 K immerhin 5.700 positive
Höhenmeter machen zu müssen, war klar, dass ich diesen DropBag frühestens am
nächsten Abend erreichen würde, also zwei Tage ohne Sonnenbrille und ohne Kappe,
zwei Tage mit zu warmer Kleidung am Tag. Und ich verzweifelte.
Plötzlich sah ich nicht mehr die Möglichkeit, dieses Ding finishen zu können und
mit dieser Erkenntnis fiel alles von mir ab, inklusive dem Willen noch weiter zu
gehen. Ich war zwischenzeitlich ein Dorf weiter gekommen, hatte noch einmal zwei
Geschäfte aufgesucht, nicht ohne einen Brillenladen zu bewundern, der viele
schöne Sonnenbrillen in der Auslage, das Geschäft aber „Mittwoch und Donnerstag
geschlossen“ hatte.
Und wenn es also anders wird, anders als geplant, dann bist Du plötzlich frei.
Ich rief erst meine Familie an, dann den Veranstalter.
Und dann legte ich mich dort auf eine Parkbank und wartete, bis man mich
abholte.
Und heute warte ich auf 2018.
Dann geht es erneut nach Gran Canaria, erneut auf diese Strecke. Und dann wird
gefinished!
Mein Fazit:
der „360 Grad“ ist kein normaler
Lauf, nur eben etwas länger. Du musst ihn annehmen, Du musst ihn bändigen und Du
musst ihn wollen.
Wenn Du das aber alles tust, dann wirst Du eine ohnehin schon zauberhafte Insel
noch besser kennenlernen. Die schönsten Streckenabschnitte kommen ja erst im
Norden.
Und wenn Du dann, körperlich und geistig fast am Ende, am Ende der Strecke über
den Sandstrand zwischen Playa del Inglés und Maspalomas trottest, schmutzig und
müde, wenn Du dann weißt, dass es nur noch wenige Kilometer bis zur Ziellinie
sind, dann wirst Du ein Held sein.
Ja, genau das will ich 2018 haben.