Inhaltsverzeichnis
Suchen
Weitere
Freizetthemen |
|
WEB 2.0 Buttons |
|
|
Nur noch gut 5 Km zum Ziel, wenn man die 80er-Variante
wählt. Aber es ist ja erst Viertel vor Sieben, also mehr als eine Stunde
Luft aufs Zeitlimit (20 Uhr) und so darf ich an der VS in Egg (Km 74,7)
weiter zum letzten großen Anstieg auf den Hochfelln. |
Letzte Stärkung
|
Ich darf weiter
|
Verpflegung in Egg
|
13 Stunden lang habe ich mich jetzt angestrengt. Als
Belohnung darf ich mich nochmal 5-6 Stunden quälen. Und ich freue mich
darüber wie ein Schneekönig. Vor 5 Stunden hatte ich nicht mehr damit
gerechnet. Der Sieger ist übrigens bereits im Ziel. |
Der Zweitplatzierte Harald Menzel
|
Beim Plaudern mit Sieger Sigi Unterweger
|
Aber die Hälfte der Läufer ist hinter mir oder hat bereits
die 54-er Abkürzung gewählt. Der erste Teil des Anstiegs verläuft sehr
steil, bis man nach ca. 2 Km den Bergrücken erreicht. Man wechselt auf die
linke Bergseite hinüber und verliert damit die Chance auf die erwartete
schöne Aussicht mit Sonnenuntergang. Am Bergrücken entlang geht es
oberhalb von steilen Abstürzen gemäßigt bergauf. Ich bin wegen der
Abstürze wieder etwas unsicher, aber da ich eh nur noch gehe, verliere ich
nicht allzu viel Zeit. Als ich so langsam den Gipfel herbeisehne,
passieren wir einen Wanderwegweiser ( zum Hochfellngipfel 1 Std.) und kurz
darauf erreichen wir einen weiten Kessel und sehen ganz oben die
Hochfellnhütte |
Hochfelln in Sicht
|
Weiter noch als erhofft, aber jetzt ist das Ziel wenigstens
in Sicht. Der Weg verläuft am linken Rand des Kessels, wird steiler und
teilweise auch wieder alpin. Die hohen Stufen wären normalerweise kein
wirkliches Problem. Aber die hohen Tritte strapazieren die Muskulatur bis
an die Grenze des für mich Machbaren. Die Gefahr abzurutschen und dann mit
Krämpfen evtl. unkontrolliert zu reagieren ist nach 14 Stunden harter
Arbeit groß und so krieche ich manche der Stufen sicherheitshalber auf
allen vieren hoch. Gott sei Dank ist niemand in der Nähe, der mich
beobachten könnte. Sehr souverän sieht das jetzt nicht aus. Aber ich bin
immer noch ganz gut drauf und ab dem oben erwähnten Wegweiser brauche ich
44 Minuten bis zum Gipfel. |
Idyllischer Anstieg
|
Gleich oben
|
Mit den Wanderern könnte ich also noch gut mithalten. Der
Helfer an der Kontrollstelle auf dem Gipfel versorgt mich mit Wasser und
der Information, dass hinter mir nur noch ein weiterer Läufer zum
Gipfelsturm durchgelassen wurde. Das ist sicher sehr vernünftig, denn das
offizielle Limit wäre viel zu knapp, um noch vor Einbruch der Dunkelheit
den Gipfel zu erreichen und noch haben wir ja drei sehr schwere
Abstiegskilometer vor uns. Um diese richtig schwierig zu machen, ereilt
uns mal wieder ein kurzes Gewitter. Ich kann den Regen in der Berghütte
aussitzen und dabei immerhin den schönen Blick hinunter auf den Chiemsee
genießen. |
Abendstimmung mit Gewitter
|
|
Es wird Nacht
|
Der Nachtlauf
Das war´s aber dann mit Genuss. Es pfeift jetzt ein kalter Wind hier
oben auf 1.700 m , die Dunkelheit bricht herein und die steilen Wege sind
schmierig und rutschig. So stürze ich mich in den Abstieg. 500 Hm geht´s
auf 2,5 Km hinab. Ich sehe keine andere Möglichkeit als mich an den
Latschenkiefern von Ast zu Ast zu hangeln. Vier, fünf Mal sitze ich
trotzdem auf dem Hosenboden und als ich in einer steilen Felspassage am
Seil hängend mal wieder abrutsche, schießen die Krämpfe in beide Waden.
Dazu wieder ein kurzer Regenschauer und Blitze und Donnergrollen über den
Nachbargipfeln. Ich habe Angst, ich will jetzt runter von diesem
Sch...berg. Dazu ist es mittlerweile zwischen den Büschen ziemlich dunkel,
so dass ich schnell die Stirnlampe anschalte. Da es noch nicht richtig
dunkel ist, sorgt sie für eher diffuse Beleuchtung, so dass ich Wurzeln
und Steine jetzt mehr erahne als sehe. Gott sei Dank holt mich jetzt
Rainer Schulz aus Heidelberg ein. Ich bitte ihn bei mir zu bleiben und so
bilden wir für die nächsten 3 Stunden das Schlusstandem. Rainer leiht mir
nach kurzer Zeit einen seiner Stöcke und damit gelingen die letzten
steilen Passagen doch viel besser.
So ab Km 83 bewegen wir uns dann auf breiten Forstwegen und erreichen
kurz darauf die letzte Verpflegungsstelle in Eschelmoos. Der Rest ist
relativ schnell erzählt. Spektakuläre Passagen folgen nicht mehr. Die
meiste Zeit verbringen wir mit Laufen, zweite Priorität hat die
Streckensuche in tiefer Dunkelheit und daneben unterhalten wir uns viel
und gut. Bei Kilometer 93 erreichen wir die letzte Kontrollstelle in Brand
gegen 23.30 Uhr und erlösen die freundlichen Helfer, die hier schon ab ca.
17 Uhr im Einsatz waren.
So 3 Km weiter ist dann entweder unsere Konzentration am Ende oder die
Markierungskunst der Organisatoren hat einen besonderen Tiefpunkt
erreicht. Mehrfach hatten wir in der Dunkelheit intensive
Rundumuntersuchungen von Kreuzungen mit vereinter Stirnlampen-Power
erfolgreich abgeschlossen. Nicht immer hatten wir wirklich eine Markierung
entdeckt, uns aber dann eben für die breitere oder abwärts führende
Wegvariante entschieden. Meist hatten wir kurz darauf doch wieder
irgendein Flatterband entdeckt und waren zufrieden weiter gezuckelt. Nicht
so bei Km 96. Wir leuchten und diskutieren an der betreffenden Kreuzung
lange, aber die Markierung entdecken wir nicht und bleiben folglich weiter
auf der Straße Richtung Ruhpolding. Gut 2 Km Zusatzweg handeln wir uns so
ein. So kurz vor dem Ziel schon ein mentaler Tiefschlag. Auch der
eigentlich geplante Endspurt verschwindet im Motivationsloch. Wunderbar
dagegen dann der Zieleinlauf. Als man unsere Stirnlampen nahen sieht, wird
noch einmal die Lautsprecheranlage im Stadion aufgedreht: „We are the
champions“, klingt immer gut, auch wenn wir uns nicht gerade wie Champions
fühlen. Außerdem stehen zahlreiche Läufer und Helfer, die sich noch nicht
schlafen gelegt haben, am Ziel und applaudieren uns anerkennend. Danke für
diesen Empfang. Das war ein sehr emotionales, versöhnliches Ende eines
langen, schweren Lauftages um 0.40 Uhr. |
The End
|
Fazit:
- Sehr viel persönliches Engagement bei Organisatoren und Helfern
- Perfektes Preis-Leistungsverhältnis
- Schöne Landschaft, wobei ganz spektakuläres Hochgebirge die Ausnahme
bildet
- Streckenverlauf: Zwischen Km 26 und 83 schwer
- Streckenbeschaffenheit: zwischen Km 26 und 83 häufig sehr schwer
- Zeitlimit: 18 Std. – für Durchschnittsläufer knapp
- Vielleicht derzeit der schwerste Ultra in Deutschland – auf jeden
Fall hohe Wahrscheinlichkeit, dass man mit einigen Tagen Abstand stolz
und zufrieden ist
Die Siegerehrung am nächsten Morgen habe ich nicht persönlich
miterlebt. Die Siegeradler sind aber sicher genauso schwer, wie der Lauf
selbst. |
Carmen Hildebrand
|
Sigi Unterweger
|
Siegerehrung
|
<== Teil 3 |
Teil 1 ==> |
|