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Nach der Verpflegungsstelle laufen wir einige Meter durch
den Ort und dann hinein in´s Val Monjoie. Zuerst ein Stück auf der Straße,
weil auch hier der Dauerregen der letzten Tage einen kleinen Erdrutsch
verursacht hat und so ein Stück Originalstrecke unpassierbar wurde. Dann
weiter auf einem Schotterweg, der nur leicht ansteigt, zur Kirche an der
Schlucht. Hier kann man gut joggen und einige Minuten gut machen. Man kann
es aber auch sein lassen und sich für die jetzt anstehende Aufgabe
vorbereiten. Der erste richtige Berg kommt. 1.223 Höhenmeter auf knapp 9
Km; höchster Punkt auf 2.433 m und oben raus die ersten alpinen Passagen.
Dieser Berg hat mich letztes Jahr zur Verzweiflung getrieben. Zu lang, zu
kalt und zu wenig Luft nach oben raus. In meiner Vorbereitung auf den Lauf
habe ich mich besonders mit dieser Passage beschäftigt und sogar heute
morgen hier noch eine kleine Wanderung mit meiner Familie unternommen. So
nutze ich die Strecke von Les Contamines zur Erholung und gehe das erste
Steilstück auf der Römerstraße ruhig und zuversichtlich an. Ich weiß, dass
ich jetzt zwei bis drei Stunden steigen werde, nutze die flacheren Stücke
nicht zum Tempo machen, sondern zur Erholung und bin überrascht, als ich
bereits um 0.30 Uhr die Verpflegungsstelle in La Balme ereiche. Letztes
Jahr habe ich bei jedem Licht in der Dunkelheit gehofft, dass es die
Verpflegung sein würde, und sie kam und kam nicht. Diesmal konzentriere
ich mich auf`s Wandern, weiß, dass die VS so schnell nicht kommt und bin
dann plötzlich da. Die Helferin an der Verpflegung hat aber gar keine
Zeit. Sie schäkert mit einem anderen Läufer, den sie mit Jochen anspricht.
Diese Kommunikation ist relativ einfach, weil der Vorname besonders groß
auf der Startnummer aufgedruckt ist. Läufer, die Jochen heißen gibt es
allerdings in Frankreich eher selten und so liegt der Verdacht nahe, dass
es sich um meinen Lauffreund Jochen Höschele handelt. Er ist zusammen mit
Elke Streicher unterwegs und so feiern wir auf 1.700 m mit Cola und
Mineralwasser unser Wiedersehen. |
Jochen bei seiner Lieblingsbeschäftigung
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Norbert in La Balme
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Jochen und Elke
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Die Freude währt allerdings nicht lange, denn jetzt geht`s
richtig zur Sache. Steiles Steigen, teilweise hohe Stufen – wahrscheinlich
die Ausläufer eines Bachbettes, das natürlich jetzt im Sommer weitgehend
trocken liegt. Weiter dämpfend wirkt auch der Blick nach oben . Die
Scharte, die den Col de la Bonhomme markiert, ist mittlerweile zu sehen.
Sie ist noch weit weg und ich weiß, dass wir auch von dort noch weitere
hundert Höhenmeter aufsteigen müssen. Wenn einem der Blick nach oben nicht
gefällt, muss man eben nach untern schauen und dieser Blick ist wieder
grandios. Kilometerlang zieht sich die Schlange der Stirnlampen den Berg
herauf und das ist zum einen ein phantastisches Bild. |
Lichterkette beim Aufstieg |
Außerdem beruhigt es doch irgendwie, dass noch so viele
Läufer hinterherkommen. Ich bin mittlerweile gut 40 Minuten schneller als
im Vorjahr, die Höhe macht mir dieses Jahr gar nichts aus (vielleicht hat
unser kurzer Wanderurlaub doch etwas genutzt), eine schmale Mondsichel
ergänzt mittlerweile den prächtigen Sternenhimmel – mit einem Wort: mir
geht`s gut. Auf der oberen Passage hinüber zum Refuge de la Croix de la
Bonhomme übernehme ich sogar die Führung unserer kleinen Gruppe und die
kleinen Klettereien über hohe Felsstufen, vorbei an schrägen Felsplatten,
gelingen mir untypisch gut. So fällt auch das Gipfelbild dieses Jahr viel
hübscher aus und auch Elke Streicher, mit der ich die letzte Stunde
zusammen gestiegen bin, ist noch guter Dinge. Ganz anders Tom
Wolter-Roessler, den wir unvermutet hier oben treffen. Er klagt über einen
extrem hohen Puls und will nach dem Abstieg aufhören. Wir versuchen ihn
aufzumuntern, machen mehr oder weniger schöne Gipfelphotos, |
Gipfelphotos am croix de la Bonhomme |
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Tom |
schwelgen ein wenig in Erinnerungen an gemeinsam bestandene
Läufe und machen uns dann zusammen an den schwierigen Abstieg. Tom wird
übrigens bis zum Ende durchlaufen und ist damit einer von drei deutschen
Läufern, die alle 3 UTMBs gefinisht haben. Der Abstieg vom Bonhomme ist
schwierig. Zum Einen weil er eben in dunkelster Nacht vor sich geht, sehr
steil ist (in der oberen Hälfte ca. 18%) und weil er in der Regel feucht
und rutschig ist. So (relativ) trocken wie diese Jahr war es aber noch
nie, deshalb lande ich dieses Jahr nur einmal auf dem Hosenboden im
Vergleich zu viermal im Vorjahr. Kurz vor der nächsten Verpflegung
passieren wir noch Anke Drescher. Sie hat als Brillenträgerin ein
ähnliches Problem wie ich. Die Brille beschlägt bei dieser Kälte sehr
schnell, ohne Brille sehen wir eher wenig und das ist bei dieser
Wegqualität eben doch ein Handicap. Anke ist bereits zwei mal gestürzt und
entsprechend vorsichtig unterwegs. Auch sie wird aber zum 3. Mal finishen
– herzlichen Glückwunsch. Die Verpflegung in Les Chapieux wurde
gegenüber dem Vorjahr läuferfreundlich umgestaltet. Man muss nicht mehr
die Treppe in den engen Gastraum hinauf, sondern wird ebenerdig in einem
großen Zelt versorgt. |
Verpflegungszelt in Les Chapieux |
Tom lacht wieder |
Ich lasse mir auch hier viel Zeit. Es folgt nämlich
unmittelbar ein Anstieg - von nahezu 1.000 Meter - auf den zweithöchsten
Berg der Strecke (2.516 m) und da die nächste Verpflegung erst ein gutes
Stück nach dem Gipfel kommt, werden wir fast 4 Stunden auf uns allein
gestellt sein. Der Col de Seigne ist ein eher unspektakulärer Berg. Der
untere Teil des Anstiegs verläuft über eine Asphaltstraße, dann folgt ein
steiles Serpentinenstück und wenn man dann meint es wäre bald geschafft,
dann schlängelt sich der Weg lange am Rand ( nur hier sind einige schmale
rutschige Passagen zu bewältigen) des Hanges entlang und am Ende geht es
noch sehr lange über einen flach ansteigenden Bergrücken. Aber, obwohl ich
unterwegs sehr mit der Müdigkeit zu kämpfen habe, sehen wir irgendwann
doch das Licht des Kontrollpostens auf dem Pass und werden von den
freundlichen Helfern erwartet, die auch hier unsere Startnummer
einscannen. Das passiert in der Regel an allen Verpflegungsstellen und
zusätzlich an besonders wichtigen Punkten. Zum Einen wird so kontrolliert,
ob man alle Punkte passiert hat, zum Anderen bekommt man auf diese Art im
Internet eine perfekte Zwischenzeithistorie des Laufs. Phantastisch, wenn
man bedenkt, in welch unwirtlichem Gelände hier die EDV funktionieren muss
und bis auf zwei Punkte war nachher alles im Rechner.
Am Col de Seigne, der Grenze zu Italien, lag ich letztes Jahr erholsam
in der Morgensonne. Dieses Jahr bin ich tempobedingt und aufgrund des
früheren Starts eineinhalb Stunden zeitiger dran und es ist gerade noch
dunkel. |
Helfer am Col de Seigne |
Der Morgen naht |
Bei den ersten Schritten bergab dämmert aber der neue Tag
herauf, was den Weiterweg sehr erleichtert. Den Abstieg vom Col de Seigne
genieße ich wieder. |
Abstieg vom Col de Seigne |
Courmayeur im Nebel |
Zuerst ein etwas steileres Stück und wenn die Muskeln
unwilliger werden, läuft es flach auf breiten Wegen zur nächsten
Verpflegung am Refuge Elisabetta, direkt unterhalb eines Gletschers. Die
breiten Wege haben den Vorteil, dass man sich eine zumindest halbwegs
steinfreie Laufspur suchen kann und so mache ich richtig Tempo und laufe
an der Verpflegung wieder zu Elke auf, |
VS am Refuge Elisabeta |
so dass wir auf dem Weiterweg nach Courmayeur wieder etwas
Unterhaltung haben. Das hat mir im Vorjahr auch zu schaffen gemacht, dass
man zwar immer reichlich Läufer um sich herum hatte, Kommunikation aber
selten zustande kam, weil mein Französisch nicht wirklich berühmt ist und
die Franzosen eher selten Englisch sprechen. Nach der Verpflegung folgt
eine kurze Steilstufe und dann etwas völlig Ungewöhnliches, nämlich ein
ca. ein Kilometer langes Flachstück. |
Blick auf die Flachstrecke |
Kurzer Lichtblick |
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