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Hier zeigt sich wieder der Vorteil der Streckenkenntnis,
denn ich weiß, dass ich mich über diese Ebene nicht zu lange freuen kann.
Es folgt der sehr steile Beginn des nächsten Anstiegs. Arete Mont Favre
heißt der Scheitelpunkt. Die 500 m hören sich harmlos an, aber das Ding
zieht sich und jetzt bei Tageslicht sieht man weit voraus, wo sich die
Läuferschlange hinwindet. Immer wieder frustrierend, wenn man erkennt, wie
weit oben immer noch Menschen rumklettern. Elke hat jetzt wirklich genug
von Anstiegen und schwächelt etwas, aber solange man weitergeht hat
irgendwann jeder Berg ein Ende und so erreichen wir den Blick auf den
Monte Bianco, der allerdings dieses Jahr bei weitem nicht so wunderschön
dasteht, wie im Vorjahr. |
Anstieg vor dem Miage-Gletscher
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Monte Bianco 2005
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Die Wolken, die über dem Tal hingen, scheinen sich nicht
aufzulösen, sondern eher nach oben zu ziehen, also müssen wir heute auf
das Schokoladenpanorama verzichten. Dafür geht´s jetzt wieder schön
abwärts. Zwar auf schmalen Pfaden, dafür aber nur mit 10 % Gefälle und
hier sind wir gigantisch gut unterwegs, überholen viele Mitläufer und
erreichen am Col Checrouit die schöne Verpflegung oberhalb von Courmayeur. |
Verpflegung vor Courmayeur
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Norbert unfröhlich
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Elke gelassen
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Dorthin sind´s nur noch 4,7 Km, wenn man einen Fallschirm
hätte, wären auch die 763 m Gefälle gar kein Problem. Hier habe ich mir
letztes Jahr - hochmotiviert runterdonnernd - die Muskulatur ruiniert.
Also schicke ich Elke schon mal vor und jogge gemütlich, aber
muskelschonend hinunter und erreiche um 10.06 Uhr Courmayeur. |
In Courmayeur
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Von der Stunde Vorsprung, die ich in Chapieux hatte, sind
nur noch 25 Minuten übrig geblieben, aber ich habe jedes Risiko vermieden,
habe keine Blasen, keine Muskelprobleme und fühle mich gut, auch wenn ich
nicht wirklich frisch aussehe. Aber dafür mache ich jetzt eine
ausführliche Pause. Die Lasagne schmeckt zwar nicht wirklich prickelnd,
ist aber mal was anderes als das ganze süße Zeug. Außerdem haben wir in
Courmayeur unseren ersten Sack mit Wechselkleidung und in meinem Fall auch
mit ein paar eigenen Riegeln und Gels deponiert. |
Lasagneessen in Courmayeur
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Umkleidechaos
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Jochen zur Abwechslung beim Essen
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Auch die Schuhe wechsle ich hier, wobei mir meine Helfer
äußerst nützlich sind. Meine Familie ist heute morgen durch den Mont
Blanc-Tunnel herübergekommen und wird mich an verschiedenen Stellen durch
den Tag begleiten. Auch aus diesem Grund fällt die Pause mit über einer
Stunde etwas länglich aus. Man kann die Begleiter nicht stundenlang durch
die Gegend fahren und warten lassen und dann nach zwei Minuten wieder
weiter rauschen. Außerdem hat mir der Dreiklang aus Abstieg, Rast und
Aufstieg zum Refuge Bertone letztes Jahr den Rest gegeben. Da will ich
dieses Mal definitiv nichts falsch machen. Also gehe ich auch den
folgenden Anstieg ruhig an. 760 m auf 4 Km reizen auch nicht zur
Sprinteinlage. Sehr steil habe ich den Anstieg aber gar nicht in
Erinnerung. Die Serpentinen ziehen sich aber endlos hin und her, jedoch
haben wir dieses Jahr den Vorteil, dass das Wetter weiterhin bedeckt
bleibt, während letztes Jahr die Sonne in den Berg knallte. So stapfe ich
im ewigen Zick-Zack bergan und freue mich, als ich kurz vor dem Gipfel
Elke Streicher und Jochen Höschele hinter mir kommen sehe. Sie sind einige
Minuten nach mir in Courmayeur aufgebrochen und haben auch Tom wieder
mitgebracht. |
Anstieg zum Refuge Bertone
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Überfüllung am Refuge
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Am Refuge Bertone schließt auch Jürgen Köllner aus Berlin
noch zu uns auf – großes Treffen der deutschen Läufer an dieser Hütte mit
prächtigem Rundblick. Den wir allerdings weiterhin nicht richtig genießen
dürfen. Es ist auch jetzt gegen 13.00 Uhr kein Sonnentag, was der
Lauftemperatur sehr zugute kommt, aber dem Panorama fehlt schon der letzte
Schliff. Am Refuge Bertone herrscht für meine Begriffe dieses Jahr sehr
viel Trubel, so dass ich schnell weiter ziehe. Zu schnell, wie sich bald
herausstellt, denn ich habe zu wenig gegessen und versuche das dann
krampfhaft mit Rucksacknahrung nachzuholen. Außerdem werde ich jetzt nach
gut 19 Stunden Wanderzeit erstmals richtig müde und so schleiche ich eher
über den Hangweg, für den ich mir so viel vorgenommen hatte. Es wäre
nämlich eine 7,5 Km–Passage auf der man mit gemäßigten Steigungen, nettem
Gefälle und herrlichem Blick über das Val Ferret, wirklich hübsch joggen
könnte, aber viel ist von meiner Herrlichkeit im Moment nicht übrig. Auch
die Streckenführung begeistert mich gar nicht. Letztes Jahr sind wir schon
früh ins Val Ferret abgestiegen und dann unattraktiv, aber bequem, auf der
Straße nach Arnuva gelaufen. Dieses Jahr steigen wir immer noch höher,
fast an Arnuva vorbei, sind schon fast auf halber Höhe, die wir nachher
Richtung Grand Col Ferret erklimmen müssen und dann – ja dann geht`s eben
doch wieder fast senkrecht hinunter nach Arnuva. Die Streckenplaner
ersparen uns fast keine Gemeinheit. Dazu fängt es jetzt tatsächlich an zu
regnen. Das hab ich genau noch gebraucht. Ein erster leiser Gedanke an`s
Aufhören keimt auf. Diesen Gedanken ersticken meine Fans, die in Arnuva
warten, allerdings rigoros. |
Meine Helferin in Arnuva
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Ich sähe toll aus, viel besser als die Anderen und nach
kurzer Pause verabschieden sie mich zum Aufstieg auf das Dach unserer Tour
den 2.537 m hohen Grand Col Ferret. |
Anstieg zum Grand Col Ferret
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Sie selber haben jetzt eine lange Fahrt über Aosta und den
Großen St. Bernhard in die Schweiz vor sich. Ich habe 800 m Anstieg auf
4,5 Km vor mir. Den ersten Teil kenne ich ja noch, denn nach 2 Km
passieren wir meinen Ausstiegspunkt vom Vorjahr. Die schwierige
Flussquerung auf dem Weg dorthin ist mittlerweile durch eine provisorische
Brücke entschärft, der Regen lässt bald wieder nach und als ich zwei
Kehren oberhalb des Refuge Elena auf die Berghütte hinunterblicke, freue
ich mich grimmig. Ich bin weiter als im Vorjahr, ich werde es schaffen. Im
weiteren Anstieg zum Col Ferret sind mir meine Stöcke eine große Hilfe.
Der Weg ist nie technisch schwierig, überwiegend Erde, wenig Felsen, aber
durch den Regen recht rutschig und so schiebe ich mich mit vereinter Bein-
und Armkraft dem Gipfel entgegen. Von jetzt an gibt es übrigens kaum
noch Photos. In Arnuva habe ich die Kamera meiner Familie gegeben. Ich
muss jetzt kämpfen. Keine Zeit und keine Nerven mehr zum Photographieren.
Am Col Ferret warten in Kälte und Regen wieder die Scanner auf uns. Was
diese Helfer leisten, kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Und
trotz der schwierigen Rahmenbedingungen verbreiten sie noch gute Laune und
feuern uns an.
Der Abstieg macht mir Spaß. Breite Wege, (ca. 14 %) und jede Menge
Matsch. Mit etwas Risiko kann man`s laufen lassen, meistens ist man ja
schon wieder einen Schritt weiter, bevor man wirklich zu rutschen beginnt.
Meine Mitläufer sehn das etwas kritischer und so überhole ich viel auf
diesem Stück und treffe in der urigen VS auf halber Höhe in La Peulaz
sogar Elke und Jochen wieder. Der letzte Teil des Abstiegs ins Tal nach
Ferret ist dann auf schmalen Pfaden mit teilweise hohen Stufen etwas
anspruchsvoller, aber dafür werden wir anschließend sogar mit einem Stück
Asphaltstraße belohnt. Kurz hinter Ferret passieren wir die (nicht
ausgeschilderte) 100-Km-Marke. Ziemlich genau 24 Stunden sind wir
unterwegs. Die Sieger sind seit mehr als 2 Stunden im Ziel. In La Fouly
treffe ich meine Helfer wieder und esse ein paar Teller warme Suppe. |
Fröhlich in La Fouly
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Da geht´s lang
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In diesem Zusammenhang gilt es auch einmal die
Verpflegungsstellen zu loben. Das Angebot war umfassend. Es gab regelmäßig
Wasser, Cola, Kaffee, Tee und Suppe und auch an Käse und Salami habe ich
mich dieses Jahr ganz gut gewöhnt. |
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