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Jungfrau-Marathon am 08.09.2007 – Mein erster Bergmarathon - Laufbericht von Monika Fischer

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Bilder, wenn nicht anders angegeben: Thomas Schmidtkonz

Jungfrau Marathon 2007

Dudelsackpfeifer beim Jungfrau Marathon 2007

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Zur Belohnung: Jungfrau-Marathon 2007 – mein erster Bergmarathon

Endlich finden die Worte wieder den Weg aus meinem derzeit etwas leeren Kopf über die Hände auf die Tasten in den PC und von dort auf den Bildschirm oder das Papier. Ich hatte schon Sorge, dass meine literarische Ader irgendwo zwischen Lauterbrunnen und Wengen verloren gegangen ist!

Zum Jungfrau-Marathon 2007 bin ich im wahrsten Sinne des Wortes wie die Jungfrau zum Kind gekommen – nicht wirklich erklärbare Umstände haben mich am 08.09.2007 von Interlaken auf die Kleine Scheidegg laufen lassen.

Für mich stand im Februar, kurz vor Meldeschluss für Interlaken fest: Dort läufst Du 2007 nicht, ein richtiger Höhepunkt (nämlich die Nacht der Nächte in Biel) pro Jahr ist genug – und somit flog der Flyer mit den Anmeldemodalitäten in den Müll.

Umso erstaunlicher war die Mitteilung eines Forum-Mitgliedes einige Wochen später, dass ich auf der Startliste für den 08.09.2007 stehe. Irgendein freundlicher Mensch hatte mich wohl bei Datasport gemeldet. Und siehe da: Nur drei Tage später flatterte mir die Bestätigung und Zahlungsaufforderung ins Haus.

Nun denn, es kam, wie es kommen musste: So einer Versuchung konnte ich natürlich nicht widerstehen! Schließlich war mir das Losglück hold gewesen und wann würde sich wieder die Möglichkeit ergeben, sogar an Langdistanz Berglauf Weltmeisterschaften teilzunehmen?

Mein Entschluss stand somit fest: Der Jungfrau-Marathon sollte Belohnung für die 100 km in Biel sein – und somit nicht ganz ernst und streng nach Plan vorbereitet und ohne (am-bitioniertes) Zeitziel gelaufen werden. Zudem mir im vorderen Taunus nicht unbedingt das optimale Trainingsgelände zur Verfügung stand und ich mich auch nicht schon wieder über 6 Wochen lukullischen Genüssen sowie Weizenbier oder Schoppenwein entziehen wollte.

Die Grundlagen gut zwei Monate nach Biel waren ja noch da und eine entspannte Einstellung zum Thema: Bergauflaufen bzw. stramm marschieren ließ den Respekt vor den großen Unbekannten (1800 Meter hinauf, evtl. Schlechtwetter mit Kälte, Nebel, Regen, Schnee) etwas geringer werden.

So bin ich also am 06.09.2007 voller Abenteuerlust per ICE von Frankfurt direkt nach Interlaken gefahren – sehr schön und entspannend. Leider war dieses Mal kein eigener Fanclub dabei, wie schade. Denn je näher wir dem Ort des Geschehens kamen, umso mehr schaute ich beeindruckt aus dem Fenster, immer die stetig größer und schöner werdenden 4000er Gipfel bestaunend.

Mein Quartier für drei Nächte in der „Villa Sonnenhof“ war schnell gefunden, so dass noch ein Rundgang durch das festlich geschmückte Interlaken (schließlich fanden hier ja übermorgen Weltmeisterschaften statt) sowie ein feudales Nudelessen den Anreisetag schön ausklingen ließen.

Am nächsten Tag dann wieder blauer Himmel, kaum Wolken, klare Sicht – also nix wie los und mit der leider nicht gerade preiswerten, aber dafür umso beeindruckenderen Jungfrau-Bahn hinauf auf 3500 Meter zum Jungfrau-Joch gefahren – ein „Muss“ bei Schönwetter für alle Jungfrau-Neulinge! Einen Großteil der Laufstrecke kann man/frau sich nämlich auf diese bequeme Weise schon mal betrachten! Am Nachmittag konnte ich auf der Kleinen Scheidegg bereits durch das Ziel des kommenden Tages laufen. Schon eine imposante Kulisse vor Eiger, Mönch und Jungfrau. Ich war schwer beeindruckt!

Nachmittags dann rasch Abholen der Startunterlagen, alles supergut und professionell organisiert. Später noch kurzes Zusammentreffen mit Heiko aus Hamburg und gegen A-bend auch mit Bernie, der gerade vom UTMB zurück war. Danach Klamotten sortieren und vorbereiten für den nächsten Morgen (oh je – die große Frauenfrage: Was ziehe ich an?). Abends Pasta-Party im WM-Zelt, eine wirklich sehr schöne Veranstaltung, kurzweilig und unterhaltsam.

Und dann war er da, der 08.09.2007. Morgens um 6.15 Uhr hieß es aufstehen und ein Blick aus dem Fenster genügte: Es sollte ein Traumtag im Berner Oberland werden! Frühstück gab es ab 6.30 Uhr, genug Zeit, um noch mal ordentlich Kalorien und Flüssigkeit zu fassen bzw. Verdauungsvorgänge der Nacht zum Abschluss zu bringen.

Dann immer noch bzw. wieder die Kleiderfrage! Ich hatte mich eigentlich für Tights entschieden, es waren jedoch jetzt um 8 Uhr schon rund 12 Grad im Schatten – Hilfe!!! Dann doch die ganz kurzen Hosen, ein Singlet und drüber ein Shirt! Auf 2200 Meter kann es auch mal etwas windig werden, schulterfrei wäre dann evtl. doch zu frisch. Dazu Flaschengurt, einen Riegel und nicht zu vergessen natürlich mein Glücksschwein, das wie-der an den Gurt kam und sich die einmalig schöne Landschaft betrachten sollte.

Kurzer Weg über die Wiese zum Kasino von Interlaken, wo die Kleiderbeutel auf diverse LKW verfrachtet und später nochmals auf die Bahn umverladen wurden, die alles Gepäck hinauf ins Ziel auf 2100 Meter Höhe transportierten, wo die Teilnehmer es wohlbehalten einige Stunden später wieder in Empfang nehmen durften.

Jungfrau Marathon 2007

Das Starterfeld

Pünktlich um 9.00 Uhr erfolgte der Startschuss und das rund 4.700 Läuferinnen und Läufer starke Feld begann den 15. Jungfrau-Marathon bzw. die 4. Langdistanz Berglauf Weltmeisterschaften mit einer Ehrenrunde durch Interlaken. Schon hier viele, viele begeisterte Zuschauer an der Stecke. Ich war erneut sehr beeindruckt.

Leider ärgerte mich in den letzten Wochen doch noch eine kleine Überbelastung am rechten Unterschenkel, die mich von Beginn an am gänzlich schmerzfreien Lauf hinderte und mich ständig zur Vorsicht mahnte.

Dennoch gingen die ersten zehn, wirklich flachen Kilometer recht gut und zügig dahin. Die Sonne schien jedoch schon recht warm, so dass die mitgeführte Trinkflasche gute Dienste erwies und ich an den ziemlich bevölkerten Verpflegungsständen vorbeilaufen konnte. Nach km 11 dann die erste Steigung und: Zum ersten Mal stand ich bei einem Marathon mitten auf der Strecke im Stau!!! Eine vorübergehende Verengung des Weges führte zu diesem kurzen, unfreiwilligen Stopp. Danach war jedoch recht schnell das freie Laufen im eigenen Tempo wieder möglich. Bei km 14 war ein kleines Wiesenstück zu überwinden und der vom Regen noch tiefe Boden zehrte erstmals an den Kräften.

Und immer wieder erinnerte ich mich selber daran: Hochschauen, Rausblicken, Landschaft und Ortschaften in Dich aufnehmen – solche Bilder bekommt Du nicht alle Tage bzw. bei keinem Stadtmarathon geboten!! Dazu Tausende begeisterter Zuschauer, viele Musikgruppen und „Kuhglocken-Bimmler“ – phantastisch.

Jungfrau Marathon 2007

Kuhglocken

In Lauterbrunnen dann die Halbmarathonmarke, ich lief genau in meinem Plan – auf die Minute exakt 1 Stunde und 58 Minuten. Auch hier wieder eine grandiose Atmosphäre und exzellente Verpflegung.

Die nächsten Kilometer ließen mich und die vielen Mitläufer nochmals Luft holen, es ging relativ eben, sogar leicht abschüssig, bevor bei ca. km 25 der Berg-Marathon begann, seinen Namen zu rechtfertigen.

Jungfrau Marathon 2007

Lauterbrunnen

Plötzlich ging es hoch, und zwar steil, richtig steil (jedenfalls für eine Flachländerin, die höchstens mal im Mittelgebirge unterwegs ist und nirgendwo im Training einen Höhenunterschied von 400 Metern auf 2 km findet). Also hieß es nun: Marschieren, aber stramm! Das konnte ich, mehr aber auch nicht. Doch mit dieser Art der Fortbewegung konnte ich sogar einige Läufer in der sogenannten Wengener Wand überholen.

Serpentine und Serpentine schraubte sich das Feld höher und höher, zunächst im Wald, später auch auf freier Wiesenfläche, wo die Sonne gnadenlos ihr Spiel und den Schweiß auf die Häupter der Sportler trieb!

Endlich, bei km 30, war die erste Bewährungsprobe geschafft, Wengen war erreicht und ein tolles Publikum bereitete den sich mühenden Athleten einen würdigen Empfang! Nochmals konnte ich mich zum Laufen und Lächeln aufraffen, die Beine schmerzten schon ziemlich, aber der Wille war ungebrochen. Mir ging es ja „nur“ um das Ankommen und um das Genießen (so gut wie unter den gegebenen Anstrengungen eben möglich....).

Inzwischen war auch ich begeisterte Besucherin der reichlich gedeckten Verpflegungstische, wobei ich die flüssige Nahrung in Form von Wasser und Cola den festen Kalorien-trägern den Vorzug gab. Rasch entweder die Flasche nachgefüllt oder nur ein, zwei Becher geschnappt und weiter. So ganz unengagiert wollte ich nun doch nicht sein, immerhin war ich nicht zum Schlemmen und Schoppenpetzen hier angetreten.

Jungfrau Marathon 2007

Am Beginn der Wengener Wand

Aber die Beine wurden schwerer bzw. lahmer, der Rücken fing an zu jammern und auch im Unterleib zwickte und zwackte es so, dass selbst auf den seltenen flachen Stücken kaum noch ein längeres Laufen möglich war. Wie gut, dass ich auf meine Marschier-Qualitäten bauen und vertrauen kann. So ging es eben im Sturmschritt weiter, mit nur kurzen Aufenthalten an den Versorgungsstationen, viel langsamer als mancher Läufer war ich somit auch nicht. Und trotz aller Anstrengung und diverser Wehwehchen staunte ich immer wieder über die einzigartigen Ausblicke auf die Gletscherwelt, die bereits vom ersten neuen Schnee des heranziehenden Herbstes geziert war. Was für ein Panorama, einmalig schön!

Jungfrau Marathon 2007

Blick aufs Jungfrau Massiv

Bei km 38 dann die Liftstation „Wixi“, über die ich in diversen Berichten schon gelesen hatte. Hier gab es nochmals Cola und dann ging es los bzw. nix ging mehr: Stau vor der Moräne! Auch darüber hatte ich gelesen und war somit mental darauf vorbereitet, dass hier mühsam erlaufene, manchmal sicherlich auch erkämpfte Minuten (nicht nur Sekunden!) wieder verloren gehen würden. Dennoch irgendwo blöd und ärgerlich......
Der Weg wurde einfach zu eng, wo vorher drei oder vier Läufer nebeneinander passten, war nun plötzlich nur noch Platz für Einen. Meine Versuche, mal hier und mal da vorbeizuhuschen, waren einerseits kraftraubend, aber auch von unwirschen (berechtigten) Kommentaren begleitet. Also fügte ich mich in das Schicksal meiner Mitstreiter und betrachtete mir die Landschaft, schnappte von der zusehends dünner werdenden Luft und trank genüsslich aus meiner Flasche.

Nach Überschreiten der Baumgrenze dann der freie Blick auf die Moräne! Wie an einer Perlenschnur reihten sich die Läuferinnen und Läufer als bunte Kette aneinander soweit das Auge reichte. Was für ein Ausblick! Und das alles vor dem Panorama des gewaltigen Jungfrau-Massivs.

Jungfrau Marathon 2007

Der große Stau am Eingang zur unteren Moräne

Jetzt hieß es wirklich Beißen und Kämpfen, die Beine wollten eigentlich nirgendwo mehr hin, die Kehle war trocken, der Rücken kurz vorm durchbrechen. Nur der Kopf sagte: Auf, los, weiter – ist nicht mehr weit! Na ja, dafür geht es aber eben erneut richtig hoch, nochmals runde 400 Höhenmeter wollten auf den kommenden zwei Kilometern überwunden werden.

Augen zu und durch!? Von wegen, die Augen liefen immer noch mit und wurden abgelenkt durch Fahnenschwenker auf 2000 Meter Höhe! Und auch die Ohren wurden verwöhnt: Zunächst durch eine Gruppe von Alphornbläsern, die sich auf einer kleinen Fläche neben der Moräne ein nettes Plätzchen ausgesucht hatte und etwas weiter oben natürlich von Roman, dem legendären Dudelsackspieler, der die Helden des Tages am höchsten Punkt der Strecke auf 2300 Meter mit lieblichen Weisen empfing.

Dort war das Ziel so gut wie erreicht, noch einmal einen guten Kilometer Laufen, nicht richtig schön und rund, aber immerhin! Über einen Felsblock (auf dem sogar lecker Schweizer Schokolade drapiert war) halfen viele zupackende Hände und dann war es tatsächlich geschafft: Homerun!

Das Ziel war schon zu sehen, die Zuschauer standen Spalier und machten mit Kuhglocken und Ratschen einen Mordskrach! Jetzt wurde für heute zum letzten Mal alles gegeben, das Shirt gerade gezogen, die Startnummer ordentlich zurechtgezupft, der Schweiß aus dem Gesicht gewischt und natürlich ein Lächeln aufgesetzt – ab ging es!

Jungfrau Marathon 2007

Grandiose Kulisse auf der oberen Moräne

Noch 300 Meter, die Massen standen dicht an dicht, das Spalier war eng und wurde enger, nur noch zwei Läufer konnten nebeneinander rennen, noch 200 Meter, kaum Platz. Noch 100 Meter und dann war wieder freier Lauf möglich, die Fans waren sicher hinter Absperrungen verbannt, den Läuferinnen und Läufern alleine gehörte der Einlauf durch das Zieltor.

Jubelnd riss ich die Arme nach oben und lief mit einem dicken und erlösten Lachen über die Ziellinie. Mein erster Berg-Marathon war hiermit Geschichte (sogar gute zwei Minuten unter meiner Planzeit).

Alle Anstrengung, alle Schmerzen waren erst mal vergessen, nur Glück, Stolz und Zufriedenheit waren in mir. Geschafft, mal wieder, auch wenn es nicht leicht war und mich sicherlich noch längere Zeit „ein Andenken“ in Form von Beschwerden begleiten würde.

Mit Finisher-Medaille um den Hals ließ ich mich von einem netten Mitläufer fotografieren, dann ging es doch leicht holzbeinig Richtung Chip-Abgabe (kostenloser Leihchip) und zum Abholen des Finisher-Shirts (passte sogar!). Die Kleiderbeutelausgabe verlief unkompliziert und reibungslos, das heiße und ausgiebige Duschen wollte ich später in Ruhe in meiner Unterkunft nachholen.

Monika im Ziel
(Bild von Monika Fischer)

Nach dem Anziehen trockener Klamotten zog es mich raus, wieder an die Luft, in die Sonne. Ich wollte noch etwas die Atmosphäre und das Panorama genießen. Mit einem (mitgebrachten) Weizenbier und einem leckeren Snickers zur Belohnung saß ich da und saugte alles in mich auf: Berge, Sonne, verschwitze Läufer, Stimmengewirr. Und war einfach glücklich und dankbar. Rasch natürlich auch ein paar SMS an meine Liebsten daheim: Finisher in 5:12:44.

Eine Stunde später ging es per Bahn (hatte sogar einen Sitzplatz ergattert) wieder Richtung Interlaken, wo ich nach einer herrlichen Dusche den Abend mit Heiko und zwei weiteren Finishern gemütlich ausklingen ließ. Sogar die Finisher-Urkunden konnten wir uns noch im WM-Festzelt abholen. Auch dies ein toller Service, wie überhaupt die ganze Organisation sehr, sehr gut war. Von hier aus daher ein großes Lob und Danke an die vielen Menschen, die diese einmalige Veranstaltung ermöglicht und ihre Freizeit für uns geopfert haben. Jedoch meine Mahnung: Nicht noch mehr Läufer/innen auf die herrliche Strecke lassen, Qualität vor Quantität – das sollte die Basis des Jungfrau-Marathons bleiben.

Am Sonntagmorgen nochmals gemütliches Frühstück und kurze Verabschiedung von Heiko. Dann zockelte ich mit einem nicht sehr eleganten Gangbild, den Trolley im Schlepp, wieder Richtung Bahnhof, wo ich gegen 10 Uhr bereits im Zug gen Heimat saß.

Fazit:

Der 15. Jungfrau-Marathon (und die 4. Langdistanz Berglauf Weltmeisterschaften) waren ein wirkliches Highlight in meiner an großartigen Veranstaltungen und Erlebnissen inzwischen auch nicht mehr ganz armen „Laufbahn“ als Sportlerin. Eine solche Kulisse erlebt man nun wirklich nicht alle Tage und das Finishen auf einem so anspruchsvollen Kurs ist Lohn von ordentlichem Training, einer Portion Ehrgeiz, viel Freude an der Natur, Spaß an den Bergen und deren Bewältigung sowie einem ordentlichen Anteil Glück!

CiaoCiao Rennmaus4444 (jetzt: Berg-Rennmaus)

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