Das Schambachtal
Das Anlaufen fällt mir noch schwerer als nach dem letzten Mahl. Auch ein
Schlemmerlauf will geübt sein! Sicher ist das hier ein guter Trainingswettkampf
für noch etwas härtere Laufveranstaltungen wie etwa den
Médoc - Marathon!
Wir haben nun das Trockental verlassen und laufen nun durchs beschauliche
Schambachtal, das sicher auch anderen Teilnehmern landschaftlich besonders gut
gefällt.
Ein schöner Singletrail führt uns in Richtung Schambachtal
Gunthildiskapelle im Schambachtal
Die Kapelle
Bald entdecken wir eine rundlich geformte Kapelle, die in ihrer ausgefallen
Architektur sofort ins Auge sticht. Es handelt sich dabei um die neue
St. Gunthildiskapelle,
die zwischen 1993 und 1995 erbaut wurde, wie Silvia und mir auch die moderne
Innenarchitektur in der Kapelle beweist, als wir das moderne und daher eher
karge und nüchterne Interieur besichtigen.
Silvia meint dabei, dass wir wohl die einzigen im Teilnehmerfeld sind, welche
die Kapelle auch von innen besichtigten. Aber natürlich waren wir das nicht, wie
Antons Bilder später in seinem Bericht bei trailrunning.de beweisen,
Nebenan entdecken wir dann auch noch die mittelalterlichen Fundamente der
ursprünglichen Kapelle, die bereits während der Reformation verfiel und in den
Wirren des
Dreißigjährigen Kriegs endgültig zerstört wurde.
Wir verlassen andächtig den letzten Ruheort der Gebeine der
Heiligen Gunthildis, die
hier schon seit Ende des 14. Jahrhunderts ruhen sollen.
Gunthildis aus dem nahen
Suffersheim diente übrigens als Viehmagd. Wie für eine Heilige üblich führte
sie dabei ein sehr frommes Leben und zeichnete sie sich durch Mitleid und
Barmherzigkeit aus. So war dann auch Ihre größte Freude, den Armen Almosen zu
geben. Ihre Gebete erhörten den lieben Gott. So ließ er zwei kristallreine
Quellen aus der Erde hervorbrechen, darunter eine aus einem Felsenstein.
Bei der letzteren erlangte ein Aussätziger vollkommene Heilung. Aus beiden
Quellen trank auch das Vieh ihrer Herrschaft. Dasselbe gedieh wegen dem
Wunderwässerchen so vortrefflich, dass die Kühe außerordentlich viel Milch
gaben. So konnte sie heimlich was von der zusätzlichen Milch für die Armen
abzweigen, ohne dass ihre Herrschaft hinter diesen Diebstahl kam. Nach ihrem Tod
galt sie dann auch als Patronin der Dienstboten und als Fürbitterin gegen
Aussatz und Viehseuchen.
Nach so vielen erbaulichen Erzählungen von der Heiligen Guntihildis erweist sich
auch der weitere Verlauf des Tales als sehr beschaulich. Dabei laufen wir auch
an einer der ehemaligen Wassermühlen dieses Tals entlang, aus Zeiten als man
noch auf diese regenerativen Energiequellen voll angewiesen war.
Eine Mühle am Schambach
Nun verlassen wir das Schambachtal in Richtung Geislohe. Dabei geht es in der
prallen Sonne langgezogen bergauf.
Der 3. Gang: Striezeln
Wir verlassen schließlich das Schambachtal in Richtung
Geislohe, Dabei geht es lang gezogen in der prallen Tropensonne bergauf. Wem es
hier nicht warm wird, muss schon ein richtig ausgefrorener Typ sein. Bei mir
fließt jetzt jedenfalls der Schweiß in Strömen, da ich kein Hitzeläufer bin,
wenn gleich ich mittlerweile weiß wie ich mich davor wappnen kann. Deswegen
gieße ich mir nun auch etwas Wasser aus meiner Trinkflasche über das Haupt.
Wie gut, dass es dann am Ende dieses brutalen Anstiegs in Geislohe Getränke und
als Zwischengang Striezeln gibt, wie man hier die fränkischen Küchla nennt.
Die Striezeln
Im Wald ist es dann wieder schön kühl und einmal gibt es sogar Matsch, der ja
bei keinem Traillauf fehlen darf!
Der 4. Gang: Fisch
Wir laufen nun durch ein größeres Waldgebiet, wo wir erstmals und bei dem
trockenen Wetter auch einmalig eine kleine Matschpassage passieren. So was darf
ja bei keinem Traillauf fehlen. Und schon lockt der nächste Schlemmergang. Ich
greife bei leckerer Bachforelle und Saibling auf Weißbrotscheiben gerne zu, da
ja Fisch leicht verdaulich sein soll!
Na ja, ganz so leicht verdaulich war es dann wohl doch nicht, weil mir das
Anlaufen mit meinem mittlerweile zu einem Ballon gewölbten Bauch immer schwerer
fällt. Aber immerhin soll ja so eine Ausbuchtung nach vorne ziehen. Oder doch
eher nicht? Ja, leider eher nicht! Der zieht mich dann doch eher nach unten!
Das Läufermenü setzt sich nach Striezeln (Küchla) zuvor bei dieser
Labestation mit Fisch fort. Links geräucherter Saibling und rechts Bachforelle
Schöner Laubwald
Links vom Weg bricht die Hochfläche mit Felsen in Richtung Altmühltal ab, wo
wir nachher noch runter laufen werden
Der 5. Gang - Das Dessert
Es folgt ein weiterer schöner und kühlender Wald. Links von uns bricht dabei die
Hochfläche steil und felsig in Richtung Altmühltal ab. Ich bin natürlich was
Felsen betrifft von der Fränkischen Schweiz vor meiner Haustüre sehr verwöhnt
und ein Stück weiter südlich hat auch das Altmühltal bizarrere und größere
Felsen zu bieten. Aber auch das hier schaue ich mir gerne an.
Ein kurzer aber giftiger Anstieg führt uns zur fünften und letzten Labestation.
Diese Zwischenetappe lockt mich. So schalte ich einen Gang hoch und lege
zusätzlich ein paar Freudensprünge ein. Als Belohnung ernte ich den verdienten
Applaus. Aber nicht genug der Ehre, eine nette junge Dame reicht mir auf
silbernem Tablett allerlei leckeres Obst. Das ist natürlich das ideale Dessert
bei so einem warmen Wetter wie heute.
Zur Verdauung erschnorre ich mir im Vereinshaus vom TSV Dietfurt kurz dahinter
dann passend als alkoholfreien
Digestif nach einem opulenten Fünfgängemenü noch einen Becher Cola.
Nach ein paar Freudensprüngen erhalte ich zum Lohn leckeres Obst auf
Silbertablett serviert
Hier erschnorre ich mir einen Becher Cola
Nun geht es steil ins Altmühltal hinunter
Im Altmühltal
Läuft man einen Altmühltrail, muss man natürlich auch unweigerlich ein Stück
durch das Altmühltal laufen. Bei Dietfurt geht es dazu steil auf Stufen knapp
100 Höhenmeter ins Altmühltal hinunter. Wegen Silvias Knie lassen wir uns dabei
Zeit. Sonst wäre ich als alter Trailer natürlich diesen schönen Abschnitt wie
eine gesengte Sau hinunter gesaust. Aber vielleicht war es so besser, denn ein
ungewollter Purzelbaum weckt nicht nur Freude.
Im Tal überqueren wir noch einmal den Schambach, der kurz dahinter in die
Altmühl mündet. Hier sind fleißige Biber am Werk, wie das aufgestaute Wasser und
eine Informationstafel unterstreichen.
Idylle im Altmühltal
Hier kreuzen wir noch einmal den Schambach, der kurz dahinter in die Altmühl
mündet
Hier gefällt es auch den Bibern!
Imposante Blütenpracht
Der Wadenbeißer
Jetzt sind es nur noch etwa 3 km bis ins Ziel, aber nicht ein bissiger Biber
sondern ein dritter aber auch letzter großer Anstieg wird uns als "Wadenbeißer"
in die gestählte Läuferwade zwicken. Da es mittlerweile unangenehm heiß geworden
ist, klagt hier Silvia doch etwas. Ich dagegen trage es als gelehriger Schüler
der Stoa mit Würde und Fassung,
bin ich doch von anderen Läufen weit Schlimmeres gewöhnt.
Außerdem wie sprach Seneca der
große Stoiker so schön, als der blutrünstige Kaiser Nero ihn ins Jenseits
befördern wollte: "Wirf alle Last von dir! Wozu das Zögern? Hast du nicht einst
auch den Leib verlassen, der dich der Welt verbarg, und das Licht des Tages
erblickt? Du zögerst und willst nicht? Auch damals hat dich die Mutter unter
schweren Leiden ans Licht gebracht. Du seufzest und weinst? Das tun auch die
Neugeborenen!"
Also lassen wir beide das Geheule sein, werfen alle Last von uns und schon endet
auch der letzte Anstieg.
Der letzte der drei großen Anstiege offenbart sich als "Wadenbeißer"
Dafür werden wir mit einem Aussichtspunkt belohnt
Der Fluss und die Kunst
Oben angekommen, biegen wir einmal kurz vom
offiziellen Weg abweichend zu einem Aussichtspunkt ab. Er versprach aber mehr
als er dann an schöner Aussicht liefert, weil Bäume den Ausblick weitgehend
zugewuchert haben. Also in entgegen gesetzter Richtung zurück zum offiziellen
Weg! Wollen wir doch nicht vom rechten Weg abweichen, wie es leider doch ein
paar Läufer ungewollt taten, das trotz der vorzüglichen Markierungen! Aber
Läufer sind nun mal auch ganz ausgesprochene Blindfüchse! Aber darüber will ich
mich nun nicht weiter auslassen, passierte mir selbiges doch auch schon auf gut
markierten Laufstrecken!
Jedenfalls geht es nun wieder mal steil bergab, bevor uns am Ufer der Altmühl
nur noch flaches Terrain bis ins Ziel hinein erwartet.
Das Wasser lockt. Ein Bad im kühlen Nass wäre so erfrischend! Aber dann
überschreiten wir am Ende auch noch die Vierstundenmarke! Sind wir doch jetzt
schon an die 3 1/2 Stunden unterwegs!
Nein, das wollen wir nicht. Zum Trost bewundern wir als Läuferpaar lieber kurz
die Skulptur "Das Paar", damit nach so viel Natur, Landschaft und Schlemmerei
die Hohe Kunst nicht zur Gänze zu kurz kommt. Das fehlte ja noch. So bot dann
dieser Lauf wirklich alles, was des Genussläufers Herz begehrte!
Wieder im Altmühltal, überqueren wir die Altmühl, bevor wir in Richtung Ziel
laufen
Damit auch die Kunst nicht zu kurz kommt!
Am liebsten würden wir zur Abkühlung in die Altmühl rein springen
Das Ziel
Schließlich biegen wir bei brütender Hitze vom verlockenden
kühlen Nass der Altmühl ab. Aber nun sind es nur noch wenige Hundert Meter
bis ins Ziel. Wir bewundern dabei eine schöne alte Dampflok, ein Relikt anderer
Zeiten, bevor wir nach links in den Zielkanal abbiegen. Dabei geben wir noch
einmal etwas Gas. Nach 3 Stunden und 37 Minuten Laufspaß, immerhin gut zwei
Stunden mehr Spaß als beim eiligsten Teilnehmer, überqueren wir beide
freudestrahlend die Ziellinie.
Noch eine Linkskurve ...
... und schon sind wir im Ziel und präsentieren stolz unsere "Finishermedaille"
Siegertypen
Wir nehmen unsere schöne "Medaille" in Empfang, gehen duschen
und schauen uns danach noch die Siegerehrung an. Dabei mutmaßen wir, wie schnell
wohl der Sieger war. Ich sage: "Wohl so um die 1:30!" Mein Tischnachbar meint
dagegen rechthaberisch: "Sicher nicht! Der war schneller!"
Woher will denn der das so genau wissen? Diesem "Jungspund" fehlt doch meine
jahrzehntelange Lauferfahrung! Ich kann das doch sicher besser beurteilen als
dieses Greenhorn!
Derweil wird Irmgard Wiedenhiller geehrt. Sie lief die
hügeligen 22 km in 1:47:20! Olala, da kann in der Tat der erste Mann wohl doch
etwas schneller gewesen sein! Na dann halt 1:28 oder 1:27 oder so! Aber das ist
auch nicht so weit von 1:30 entfernt! Da behalte ich immer noch so halbwegs
recht!
Als aber dann mein Tischnachbar aufgerufen wird, es ist Andreas Straßner und
lief in der AK 30, ist mir klar warum er sich so sicher war, dass der Erste
deutlich schneller war, war er doch selbst der Sieger und lief das ganze
in 1:21:58!
Bei den Damen gewann Irmgard Wiedenhiller in 1:47:20
Sieger bei den Herren ist Andreas Straßner in 1:21:58. Für mich unerklärlich,
wie man so schnell laufen kann!
Der Sieger und die Laufschnecke
Als er genüsslich lächelnd zu uns an den Tisch zurückkommt, beschwere ich mich
natürlich bei ihm, hatte er doch einen klaren Wissensvorteil gegenüber mir.
Und so sitzen der Erste und der Letzte des gesamten Läuferfeldes in der
Ergebnisliste gemeinsam zusammen und überlegen wer heute der wahre Sieger
war. Der mit der schnellsten Zeit oder jener, der diesen Lauf am längsten
genießen durfte?
Auch frage ich mich insgeheim, zu wem diese versteinerte Laufschnecke, die er
als Siegerprämie in der Hand hält, mehr passt.
Zu ihm oder doch eher zu mir?
Und hier noch einmal der Sieger und dahinter Kai Reissinger, Zweiter in der
Rangliste. Beide lagen nur 29 Sekunden auseinander! |