Die Strecke verlief nun ein ganzes Stück bergauf über einen relativ breiten
Wanderweg, um anschließend in herrliche Trailpfade überzugehen. Ich überholte von
Zeit zu Zeit immer wieder andere Läufer. Mit einem kam ich kurz ins Gespräch. Er
erzählte mir, dass er schon mal beim Swiss Alpine mitgemacht hat, dieser ihm aber
deutlich einfacher vorkam. Ich machte mir so meine Gedanken darüber, da ich
bisher eigentlich dachte, der Swiss Alpine wäre schwerer. Nach einer Weile
verabschiedete ich mich von meiner neuen Begleitung und war von mir selbst
überrascht, wie gut es immer noch lief: Ich war noch richtig fit. Trotzdem blieb
ich vorsichtig was das Tempo anging, der von vielen angekündigte berühmt
berüchtigte Sonnenkopfanstieg stand schließlich kurz bevor.
An der nächsten Abbiegung kam dann das erste Problem. Wo ist der Pfeil? Ich
suchte den Boden intensiv ab und erkannte ihn schließlich. Der Veranstalter kann
hier nichts dafür, ist ja mein persönliches Problem. Ich hoffte inständig, dass
ich mich nicht am Ende noch komplett verlaufe.
Schöne Trailpfade
durch das Bergpanorama
Das nächste Gipfelkreuz ist erreicht.
Hier war klettern über den Zaun angesagt.
Beim Versorgungsstand unmittelbar vor dem Sonnenkopfanstieg wurde jeder Läufer
mit Kuhglockengeläut begrüßt. Ich nahm einen ordentlichen Schluck Wasser und
wurde gefragt, ob ich sonst noch etwas brauche, sie hätten auch Schokolade im
Angebot. Dazu sagte ich nicht nein, irgendwie kam mir Schokolade, nachdem das
Wort gefallen war, wie die ideale Energiespende für den Anstieg vor. Auch wenn
ich sonst nie auf die Idee gekommen wäre, Schokolade bei einem Lauf unterwegs zu
essen. Als ich mich wieder auf den Weg machte, kündigte das Glockenläuten einen
weiteren Läufer an und ich hörte noch „Wo ist die Schokolade, habt ihr noch
welche?“. Scheint es hier also grundsätzlich zu geben.
Und dann ging es los, der Anstieg zum Sonnenkopf. So etwas habe ich bisher
wirklich noch nicht erlebt. Es ging gleich gut bergauf, man könnte es auch als
steil bezeichnen. Könnte deshalb, weil es später dann richtig steil wurde,
dagegen war der Anstieg zu Beginn nahezu lächerlich. Anfangs handelte es sich
noch um einen breiten Wanderweg, dieser wurde dann jedoch zu einem dünnen Pfad,
man könnte ihn fast als Trampelpfad bezeichnen. Laufen war hier absolut nicht
mehr drin, das ganze grenzte schon an Klettern. Und immer wenn ich dachte, es
kann doch nicht noch steiler werden, wurde es noch steiler. Ich stieß auf einen
anderen Läufer, grüßte freundlich und meinte, dass wir es ja jetzt wohl bald
geschafft hätten. Mehr als ein "da rauf - da rauf" brachte er nicht mehr
zustande. Ich lief oder besser kletterte weiter und hoffte, dass ich bald die
Jubelschrei höre, mit dem jeder Läufer auf der Spitze angeblich begrüßt wird.
Und da - nach einer gefühlten halben Ewigkeit, hörte ich ein leises "Heeeeey"
aus der Ferne. Das gab neue Kraft. Ich lief weiter und weiter, das Gipfelkreuz
will einfach nicht erscheinen und ich war auch immer noch im Wald. Auf Fotos,
die ich vorher gesehen hatte, war deutlich zu erkennen, dass ich die Baumgrenze
verlassen muss. Ich hörte ein weiteres "Heeey", diesmal deutlich lauter! Und da,
tatsächlich, der Wald war zu ende und ich sah das Gipfelkreuz. Hochfliegen
konnte ich die letzten Meter zum Gipfel trotzdem nicht, es war weiterhin
wahnsinnig steil. Doch dann war ich endlich oben, holte mir mein verdientes "Heeey"
ab und genoss die Aussicht. Die freundliche "Hey-Helferin" erklärte mir auch, wo
man das Ziel sieht und die nächste Vollverpflegung. Das sah nicht weit aus (2
Kilometer) aber trotzdem schaute ich ungläubig auf den weiteren Streckenverlauf.
Treppen?! Also keine richtigen Steintreppen, sondern Naturtreppen wie man sie
öfter kennt. Aber die sollte ich jetzt runtergehen nach der Strapaze? Es blieb
mir wirklich nichts erspart. Also weiter, die Treppen herunter gekraxelt. Die
Treppenpassage war zum Glück nicht allzu lang, die Strecke verlief nun wieder
über schöne Wanderwege, die man auch gut laufen kann. Ich machte wieder etwas
Tempo und holte einen weiteren Läufer ein. Da ich ja nicht auf der Flucht war,
lief ich ein Stück mit ihm und wir unterhielten uns. Er erzählte mir, dass er
schon zum zweiten Mal mitmacht, letztes Mal hatte er es aber leider nicht
rechtzeitig ins Ziel geschafft. Diesmal sollte es aber kein Problem sein.
Irgendwann zog ich dann aber doch weiter und kam zur nächsten Vollverpflegung.
Hier gab es sogar Kartoffeln, da langte ich auch gerne zu. Wer will, konnte sich
auch alkoholfreies Weizen einschenken lassen, auch dazu sagte ich nicht nein.
Aber irgendwie brauchte ich jetzt noch etwas Süßes. Kuchen ist eigentlich nicht
so mein Fall, aber jetzt wollte ich gerne ein Stück essen. Vorher erkundigte ich
mich aber vorsichtshalber, was dass für ein Kuchen sei. Schließlich könnte das
mit meiner Nussallergie böse enden. Und genau, es war ein Kirschschokokuchen mit
Haselnüssen. Das ließ ich somit lieber bleiben, Mandeln wären ja kein Problem
gewesen. Die freundliche Helferin hatte den Kuchen selbst gebacken und sagte
doch glatt zu mir: "Wenn du mir versprichst, nächstes Jahr wieder mitzulaufen,
backe ich für dich nächstes Jahr extra einen mit Mandeln". Ja mmmhh - schau mer
mal...
Kilometer 58 - die Ruhe vor dem Sturm
Das bin ich schon hoch - im Vergleich zu dem was noch kommt ein Witz
Da ging es weiter hoch - eigentlich auch noch nicht schlimm!
Jetzt geht es es richtig los!
Steil!
Aber da sehe ich das Gipfelkreuz
Leider etwas bedeckt - aber tolle Aussicht!
Auch in diese Richtung.
Noch ein Foto vor dem Gipfelkreuz
bevor es diese Treppen hinunter ging.
Aber nur kurz, bald schon wieder normale Wege.
Die letzte Vollverpflegung.
Ich machte mich zeitgleich mit einer Gruppe auf den Weg, die aber anscheinend
nicht mehr vorhatte, heute noch zu laufen sondern die restlichen 8-9 Kilometer
gehen wollte. Ich fragte wie spät es eigentlich sei, die Sportuhr hatte ja auch
Andreas um und das Handy rauszuholen war ich zu faul: 17:10 Uhr. Ich dachte laut
vor mich hin - da es ja jetzt nur noch bergab geht, wäre theoretisch unter 12
Stunden noch machbar. Einer aus der Gruppe meinte - na das wäre jetzt aber schon
richtig krass. Ich lief zügig los, dachte mir aber auch - nein - nach der Anzahl
der Kilometer ist das wirklich hart. Kurze Zeit später wurde ich aber von einem
Läufer aus genau dieser Gruppe eingeholt.
Er: "Versuchst du noch die unter 12?"
Ich: "Ääämm du?"
Er: "Ja, versuchen wir es zusammen?"
Ich: "OK, wenn sich die Strecke weiterhin so gut laufen lässt"
Und wir sprinteten los. Allerdings wurde kurze Zeit später der Abstieg wieder
steiler, ich ließ es lieber sein, er lief weiter. Der steilere Abstieg war aber
nur von kurzer Dauer, danach lief auch ich wieder zügig weiter. Und dann
passierte genau dass, was ich befürchtet hatte. Ich sah an einer Abzweigung die
Markierung nicht, bzw. erkannte sie nicht. Verflixte Farbenschwäche. Ich
spekulierte darauf, dass die Strecke geradeaus weiterverläuft und lief weiter,
schaute mich aber intensiv um. Nach ein paar Metern sah ich dann Absperrbänder
vom Baum hängen - aber leider in der Ferne, nicht auf meinem Weg. Nein! Also
umkehren, wieder den Berg hochlaufen und dann den richtigen Weg nehmen. Das war
es dann aber endgültig mit unter 12 Stunden, aber auch völlig egal. Der Weg war
jetzt ziemlich breit, eher eine Straße und schließlich war ich im Tal in einem
kleinen Dorf. Hier stand ein freundlicher Helfer mit Fahrrad bereit um den Weg
zu weisen und wer wollte konnte auch noch etwas trinken. Da ich gerade zuvor
einen ordentlichen Zug aus meinem Trinkrucksack genommen hatte, brauchte ich
nichts. Im Hinterkopf hatte ich außerdem eine neue Zielzeit - unter 12:15 -
klingt irgendwie doch ein bisschen schöner. Ich lief weiter auf der Straße bis
zum nächsten Streckenposten, hier bog die Strecke ab und verlief an einem
kleinen Fluss lang. Das sah zum Abschluss nochmal richtig schön aus! Hier hatten
sich auch noch ein paar Zuschauer "versteckt", die jeden fleißig
beglückwünschten und anfeuerten. Schließlich ist Wonnemar und somit das Ziel in
Sicht. Kurz vor der Zielgeraden wartete Andreas, er feuerte mich nochmal an, was
mich sehr gefreut hat. Ich bog um die Kurve und sah die Uhr - nur noch ein paar
Sekunden bis 12:15.... aaaaah, das wird aber sowas von knapp! Ich lief weiter
und hatte keine Ahnung, wann ich die Ziellinie überquert hatte. War ja auch egal
und ich ließ mir meine Medaille umhängen. Leider war das alkoholfreie Weizen
gerade ausgegangen - schade. Dann halt Iso und etwas vom Obstbuffet. Andreas kam
nun auch und beglückwünschte mich. Ich kaufte mir noch ein Finisher-T-Shirt und
holte mir mein Männle ab. Bei der Ausgabe stand Axel und beglückwünschte jeden
Läufer. Auf dem Weg zum Bad entdeckten wir dann das Massage Zelt - und
beschlossen spontan, uns eine Massage zu gönnen. Die tat auch richtig gut!
Die Strecke lädt nun zum Gas geben ein
Ich bin noch richtig gut drauf.
An dieser Hütte gab es doppelte Anfeuerung. Muuh von den Kühen - Geklatsche von
den Bewohnern
Wieder im Tal, jetzt ist es wirklich nicht mehr weit
Kurz vorm Ziel wird es noch mal richtig schön abseits der Straße
Mein Fazit von diesem Lauf:
Einfach herrlich! Das Panorama ist der absolute Traum, die Streckenführung macht
richtig Spaß und ist wirklich sehr gut ausgeschildert. Wenn man nicht
farbenunsicher ist, dann kann man sich wirklich nicht verlaufen. Großes Lob
hierzu! Und auch ein großes Lob an die ganzen freundlichen Helfer, die so lange
ausharren, schließlich dauert der Lauf ja deutlich länger als ein normaler
Marathon.
Natürlich ist der Lauf schon hart, man sollte somit auf jeden Fall ausreichende
Marathon Erfahrung gesammelt haben und auch auf Höhenmeter trainiert sein.
Ich habe es geschafft
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