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Vom 2. Coburger Wintermarathon 2006

Einsamkeit des Marathonläufers beim Coburger Wintermarathon 2006

laufspass.com - 2. Coburger Wintermarathon am 8.1.06 - Bildbericht von Thomas Schmidtkonz

Ein Lauf mit Stadt, Land, Berge, Burgen

Teil 7 - Einsame Runde durch den Coburger Forst

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Es geht nun steil bergab und nach 33 Kilometern Laufstrecke erreiche ich in Lützelbuch den Ausgangspunkt unserer Strecke. Vor mir liegt aber noch die mit 9 Kilometer kleinere Runde, die weitgehend durch den Coburger Forst führt.
Ich könnte nun schnell zur wenige Meter entfernten Forkelhalle abbiegen und etwas Verpflegung fassen. Zwei Argumente halten mich davon ab. Einerseits wäre dann die Verlockung groß es mit 33 Kilometer zu belassen, andererseits müsste ich Mathias und Robert zu lange warten lassen, wenn ich dann doch weiter laufe. Also lauf ich gleich die reguläre Strecke weiter.
Und siehe da, da kommen mir wie von Engelszungen gerufen doch schon Mathias und Robert entgegen gejoggt. Während die beiden den Lauf schon gleich hinter sich haben, habe ich noch etwa 9 Kilometer vor mir. Ich prahle nichts ahnend, dass ich in 50 - 55 Minuten wieder da bin, wenn ich mich nicht verlaufe. Allerdings sollte es dann über eine Stunde werden. Na ja, war halt ne kleine Fehlkalkulation!.

Die beiden warnen mich, dass man sich verlaufen kann, da sie irgendwo ungewollt einen Umweg gelaufen sind.
Irgendwo im Nirgendwo soll ich bei einen Fahrrad weg rechts abbiegen. Na mal schauen, ob ich mir das merken kann.
Mit leicht mulmigen Gefühl verabschiede ich mich und beginn nun die Einsamkeit des Marathonläufers zu spüren ...

Vom 2. Coburger Wintermarathon 2006

Am Beginn der kleinen etwa 9 Kilometer langen Runde kommen mir in Lützelbuch bereits Robert und Mathias entgegen gelaufen

Zuerst laufe ich auf einem Fahrradweg parallel zu einer Straße. Zu meiner Freude ist die Strecke weiterhin mit den kleinen roten Schildchen mit weißer Läuferfigur gut markiert. Diese kleinen Laufmännchen weisen mir wie gute Geister weiterhin den rechten Weg. Auch wir Läufer haben es regelrecht verinnerlicht, nach Möglichkeit niemals vom rechten Weg abzukommen!

Irgendwo muss ich dann auch rechts und nicht links abbiegen und tauche alsbald in die Einsamkeit und in das Dunkel des Coburger Forsts ein.

Vom 2. Coburger Wintermarathon 2006

Diese roten Streckenmarkierungen begleiten mich auf meinem einsamen Weg

Vom 2. Coburger Wintermarathon 2006

Diese Wiese liegt schon hinter mir

Auch wenn wir Marathonläufer bei großen Stadtmarathons wie dem Berlin Marathon in riesigen Herden laufen, so sind wir doch meist auf der 42195 Meter langen Strecke ganz alleine auf uns gestellt und unsere physische und psychische Kraft angewiesen. So laufen Marathonläufer zwar gerne in Gruppen und Grüppchen, aber im Prinzip sind sie doch alle Einzelkämpfer mit einem eigenen und ausgeprägten Willen.

Im Herdenverband wird das dir nicht so bewusst. Wenn Du aber nach über 30 Kilometern Laufstrecke, Kilometer weit und breit auf weiter Flur  weder Mitstreiter vor dir noch hinter Dir siehst, kommt Dir erst zum Bewusstsein, wie einsam Du eigentlich bist.

Ich laufe einsam und verlassen - ganz verloren - durch einen nicht enden wollenden finsteren Wald. Ein Fahrweg geleitet mich stets bergan. Es scheint zumindest aufwärts zu gehen!

Da es keine anderen Richtungen gibt fehlen nun auch diese Schildchen mit den kleinen guten Laufgeistern, die mir bislang den rechten Weg wiesen. Ängstlich um mich blickend frage ich mich voller Selbstzweifel, bin ich noch auf dem richtigen Weg?

Ausgestoßen, verlassen, im finsteren Wald wilden Tieren ausgeliefert. Ich fühle mich mit meinen Vorfahren aus der Steinzeit verbunden, die vielleicht mal aus dem schützenden Verband ihrer Familiensippe ausgestoßen wurden.

Was ist Zeit, was ist ein Abstand? Beides kann man komprimieren oder endlos auseinanderdehnen. War Kilometer 4 noch der Empfindung nach vielleicht 300 - 400 Meter lang, dehnt sich hier ein Kilometer auf drei bis vier. Wie oft hatte ich dieses Gefühl schon zwischen den magischen Kilometer 32 und Kilometer 39. Zwar bin ich heute keineswegs erschöpft, aber das Gefühl der Dehnbarkeit der Zeit will nicht weichen. Eine Zeitdilatation kann es jedenfalls nicht sein. Ganz so schnell bin ich doch wieder nicht, obwohl ich nicht bummeln möchte.

Ich fühle mich an den Graubünden Marathon 2003 erinnert, wo sie mir auf den ersten Kilometern alle davon liefen und ich dann durch einen Bergwald auch ganz alleine war. Dabei zweifelte ich an mir, dem Weg, Gott und der Welt. Und dann ging mein Marathonleben doch irgendwie weiter und endete mit einem Happy End. Als ich damals dann den Wald verließ sah ich beglückt den ersten Läufer vor mir ...

Vom 2. Coburger Wintermarathon 2006

Im Coburger Forst geht es durch Wald, Wald und nochmals Wald

... Einen Läufer sehe ich immer noch nicht vor mir. Aber am Ortsrand des kleinen Nests Neu-Neershof begrüßt mich das Straßenschild "Lahmstraße". Bin ich wirklich schon so lahm? Nein, das Schild darf nicht mir gelten! Liebe - leider nicht vorhandene Zuschauer - schaut mich an, wie munter und frisch ich doch noch bin!

Vom 2. Coburger Wintermarathon 2006

In Neu-Neershof verlasse ich den Wald und lahme trotz Lahmstraße kaum

So munter bin ich natürlich doch nicht mehr, wie ich es gerne hätte, aber der idyllische Dorfweiher muntert mich schon auf. Er animiert mich zu einer eingehenden Fotografiersession:
Mathias und Robert ihr möget mir verzeihn,
aber so viel Zeit muss schon sein!
(Reimt sich sogar!)

Vom 2. Coburger Wintermarathon 2006

Herrlicher Dorfweiher in Neu-Neershof

Vom 2. Coburger Wintermarathon 2006

An solchen Stellen muss man schon etwas verweilen!

Sollte ich die Kilometer 40 Markierung übersehen haben? Sie müsste doch schon längst kommen!
Weit und breit kein Kilometerschild, aber vor mir ein steil ansteigender nicht enden wollender Radweg. Hier ist mentale Stärke gefragt, da der Weg erst am Ende des Horizonts verschwindet. Das erinnert mich doch glatt an diese lange Gerade beim Thermenmarathon in Bad Füssing zwischen Kilometer 30 und 32, an die lange Gerade auf den Dreißigern beim Frankfurt Marathon, die lange Gerade bei KM 38 - 40 beim Fränkische Schweiz Marathon oder die nicht enden wollende Gerade bei Barbing beim Regensburg Marathon.
Ja, jeder Marathon hat so seine Stellen, diese kleinen Gemeinheiten, wo der Marathon die mentale Stärke seiner Läufer austesten will!

Vom 2. Coburger Wintermarathon 2006

Lange ansteigende Gerade vor der 40 km - Markierung

Na endlich! Da ist sie ja endlich diese olle KM 40 Markierung!

Vom 2. Coburger Wintermarathon 2006

"Siegesfoto" bei Kilometer 40, die ein gutes Stück vor mir sind (Foto von Markus Süße)

Kurz dahinter stehe ich vor einem neuen Problem. Hier biegt einen Straße ab und kein Wegweiser. Muss ich nun gerade laufen oder rechts abbiegen. Wer weist mir den rechten Weg? Wie sagten Mathias und Robert. Beim Radweg rechts abbiegen! Ich war jetzt schon auf so vielen Radwegen. Haben sie diese Stelle hier gemeint?
Vorsichtshalber inspiziere ich diese rechts abbiegende Straße nach Rögen. Nein, das kann nicht stimmen. Weit und breit kein Laufmännchen auf rotem Grund zu sehen! Da lauf ich lieber geradeaus weiter.

Als ich noch mal zurück blicke, sehe ich zu meiner Freude weit hinter mir einen Läufer. Das kann nur Hans Martin sein. Er muss einen Zwischenspurt eingelegt haben! Ich winke ihn zu und laufe dann gemütlich weiter, da ich denke, dass er mich kurz oder lang schon einholen wird. So habe ich außerdem eine Ausrede den nächsten Anstieg gemütlich angehen zu dürfen!

Vom 2. Coburger Wintermarathon 2006

Oh Freude, Hans Martin holt mich ein und beendet meine Laufeinsamkeit

Auf dem guten letzten Kilometer ist es so weit und wir können nur gemeinsam dem Ziel entgegenlaufen, das wir als letztes Laufgrüppchen von ehemals vereinsamten Läufern gut gelaunt erreichen.

Vom 2. Coburger Wintermarathon 2006

Gemeinsam mit Hans Martin im Ziel

Ja, auch die zweite Auflage des Coburg - Marathons hat mir viel Spaß gemacht und ich freue mich schon auf die dritte Auflage am 7.1.2007.

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