Der Abstieg, Wanderer und Läufer
Bevor es steil bergab geht, genieße ich noch einmal den wunderschönen Ausblick
vom Gelben Berg. Dabei holen mich die ersten Wanderer ein. Darunter Margit und
ihr Sohn Tobias. Da die beiden aber gerade laufen, sind auch sie so wie ich
irgend so ein Zwitterwesen zwischen Läufer und Wanderer.
Genau genommen laufe
ich eigentlich die ganze Zeit, nur viele wie etwa mein "Freund" Dieter
bezeichnen diesen Laufstil fälschlich als "ökonomischen Walkingschritt" oder
mit
ähnlich abwertenden Begriffen. So was trifft mich natürlich immer in Mark und
Bein. Genau genommen bezeichnete der damalige
Schlussläufer Georg erstmals beim Immenstädter Gebirgsmarathon 2009 meinen
Laufschritt als Walkingschritt: "Toll wie Du da hoch walkst. So sparst Du sicher
Deine Kräfte für später!" Seitdem konnte ich dieses Unwesen, ja diese Ignoranz
nicht mehr ausrotten. Beim heutigen Lauf ist es leider nicht besser, werde ich
doch immer als einer der ersten Wanderer tituliert. Leider wird sich das sich
das durch die beiden Veranstaltungstage wie ein roter Faden ziehen.
Herrlicher Ausblick vom Gelben Berg
Nun holen mich die ersten Wanderer ein. Sie nehmen es aber wie ich mit dem
Laufen auch mit dem Wandern nicht so genau. Sie wechseln Laufpassagen
mit Wanderpassagen ab.
Wiedersehen
Ich lasse erst einmal Margit und Tobias von dannen ziehen, gibt es hier doch so viele
Fotomotive! Ein buntes Blümchen da, ein spitzes Steinchen dort und da oh
Schreck sind ja schon zwei
weitere Wanderer. Und was flattert dort durch die Luft? Nein, da rollt mir was
entgegen, wie ein an einem Steilabhang außer Kontrolle geratener Steinbrocken.
Ach, da kommt wer angerannt! Das ist ja mein treuer Kamerad, der Schlussläufer!
Er konnte
die Verletzte endlich an die Samis weiterreichen und eilte nun mit
Lichtgeschwindigkeit uns
hinterher und wurde dabei beinahe fast selbst ein Fall für die Sanis, als er an
einer rutschigen Stelle hinfiel und sich einen Arm etwas aufschürfte. Aber Gott
sei Dank ist das nicht weiter schlimm, soll heißen es ging noch einmal gut. So
sind wir fürs erste mal wiedervereint. Nur mit dem konstanten 8 Minutentakt wird
es wohl nichts mehr werden ...
Den Berg runter geht es flott voran!
Hier überholt mich der Schlussläufer ein. Er musste zuvor einer verletzten
Läuferin helfen und fiel daher weit zurück. Zur Belohnung darf er jetzt so
richtig Gas geben.
Zwei weitere flotte Wanderer
Talweg in Richtung Spielberg
Nach einer kleinen Fotosession zwischen dem Letzten Läufer und Schlussläufer
trennen wir uns wieder voneinander, weil er schon wieder Tempo machen möchte. Mal
schauen wie oft wir uns unterwegs noch sehen?
Im Tal angekommen, laufen wir nun am Bergabbruch des Hahnenkamms entlang. Jetzt
muss ich doch mal etwas Gas geben, damit mich nicht noch mehr Wanderer
einholen und an meiner Läuferehre kratzen. Dabei hänge ich die zwei Wanderer von
vorhin ganz deutlich ab und hole auch langsam wieder Tobias und Margit ein.
Kurz dahinter geht es sehr steil in Richtung Spielberg bergauf. Vor 8 Jahren
litt ich hier bei meiner fünftägigen Frankenwegtour ganz besonders. Solche
Erinnerungen bleiben wach, auch wenn man sich Gott Lob bei vergangenen Dingen
meist mehr an das Angenehme als das Unangenehme erinnert, denn wie heißt es so
schön: Zeit heilt alle Wunden!
Eine einsame Tulpe
Nach Spielberg geht es noch einmal steil bergauf
Wie jeder Anstieg endet auch dieser Anstieg einmal. Da wir uns ja in einer
Mittelgebirgslandschaft befinden, sind ja hier anders als in den Alpen alle
Steigungen von vergleichsweise kurzer Dauer.
Burganlage bei Spielberg
Erneutes Wiedersehen und Einstufung des Schwierigkeitsgrades des Laufes
Ich bewundere Schloss Spielberg. Leider führt die Strecke nicht direkt daran
vorbei, sondern links davon den Berg hinunter. Dabei komme ich mit Margit und
Tobias ins Gespräch. Die beiden sind ein gutes Team und ihr Sohn hat für seine
Jugend eine erstaunliche Ausdauer. Wie wir uns so gut unterhalten, kommt von
hinten jemand angerast. Nein, ein Walker kann das nicht sein. Dessen Tempo wäre
bedächtiger. Es ist wieder der offizielle Schlussläufer, dessen Namen ich leider
nicht weiß und ich leider auch nicht erfragt habe,
Aber wo kommt er nun her? Ich dachte, er wäre schon weit vor uns! Hat er sich
unterwegs verlaufen?
Aber nun ist er mal da und so unterhalten wir uns nun gemeinsam. Ich lobe den
Altmühltrail als schönen aber auch einfachen Lauf für Traileinsteiger. Das ist
er ja mit seinen 28 km Strecke und etwa 550 Höhenmetern auch! Auch was den
technischen Anspruch betrifft, ist er nicht allzu schwer. Also in der Tat der
ideale Trail für Einsteiger in dieser Disziplin oder halt auch für Läufer wie
mich gedacht,
die einfach mal nur Laufspaß haben wollen! Aber sofort ernte ich Protest. "Das
ist doch ein harter Lauf!" Na ja, aus der Sicht eines Straßenläufers sicher!
Auch wenn man hier so richtig Gas gibt, dann sicher auch. Es
kommt halt immer auf den Blickwinkel und den Bezug an. Alles ist schließlich
relativ!
Blumenwiese
Der Hesselberg
In der Ferne entdecke ich den Hesselberg, wie er sich majestätisch aus dem eher
flachen Umland erhebt. Mit 689 Metern ist er der niedrigste der höchsten Berge
der drei Fränkischen Bezirke. Fast genau vor einem Jahr lief ich beim
2. BOL vom tiefsten Punkt
Mittelfrankens zum höchsten Punkt und erlebte dabei auf der etwa 115 km langen
Strecke so manches Abenteuer. So
verbindet uns beide natürlich etwas. Ich grüße meinen Freund den Berg, zumal ich
Berge liebe. Sie haben eine Ausstrahlung und verleihen mir Kraft und
Lebensfreude.
Blick in Richtung Hesselberg, wo ich
vor einem Jahr hoch lief
Apfelkuchen
Margit und Tobias haben für meine Bergschwärmerei nicht viel übrig und so rennen
sie schon mal vor. Wir treffen uns beim Apfelkuchen an der nächsten
Genussstation wieder. Wieder muss mein Bärlauch im Rucksack bleiben. Ob das wohl
noch mal was wird? Aber der Kuchen schmeckt uns allen sehr gut. Als Getränk
gibt es Holunderblütenwasser. Auch das mundet uns.
Der Apfelbuch ist wirklich lecker!
Landluft
Fürs Erste enden nun erst einmal die Trails. Ein lang gezogener asphaltierter
Weg führt uns in Richtung Gnotzheim. Mit meinem völlig ungedämpften Trailschuhen
fühlt sich das nicht gut an, zumal ich mir zuvor auch noch ein paar kleine
Steinchen eingefangen habe. Aber wo kann ich mich da mal hinsetzen, um die
Steinchen gemütlich auszuleeren? Weit und breit keine Parkbank oder wenigstens
ein großer Stein o.ä.!
Erst vor einem Schweinestall, hier riecht es
wirklich intensiv nach Schweinemist, finde ich ein Plätzchen zum Hinsetzen. Ich
leere die Schuhe und entfliehe dann schnell der Landluft!
Lange Gerade
Gleich erreiche ich Gnotzheim
Knabbersachen
Asphalt bleibt auch hinter Gnotzheim erst einmal ein bestimmendes Element. Was
freue mich daher, als ich endlich in einen Wald abbiegen darf. Der Untergrund
ist zwar matschig und rutschig, stellenweise muss ich auch aufpassen, wo ich
hintrete, aber so was macht einfach mehr Spaß als Asphalt.
Mittlerweile knurrt mein Magen. Es gab zuviel süße Sachen. Es wird Zeit, dass
endlich was Handfestes folgt!
Was gibt es nicht alles für Fränkische
Spezialitäten? Vieles ist ziemlich deftig, aber daher auch das Richtige für
den knurrenden Magen eines durchtrainierten Genussläufers. Wie wäre es jetzt
z.B. mit Entenbrust und zwei Klößen? Das würde mir sicher Flügel verleihen.
Sicher wäre dann mein 8 - 9 Minutentakt Vergangenheit, würde ich dann doch wie eine Gazelle über
all die Wurzeln hier springen!
Etwas matschiger Singletrail
Aber wie so oft kommt es anders, als man es sich wünscht. Den Bärlauch kann ich
getrost im Rucksack lassen, denn es gibt nun Knabbersachen in Form von
Kürbiskernen. Das schmeckt zwar wieder lecker, macht mich aber nicht satt!
Hier gibt es Kürbiskerne zum Knabbern
In der Ferne entdecke ich nun schon den Zielort Gunzenhausen
Aha, die Rettung
Hungrig ziehe ich von dannen. Hungrige Läufer geben Gas. So werde ich immer
schneller. Margit und Tobias sind schon weit hinter mir. Werde ich meinen
Bärlauch bis ins Ziel tragen müssen? Aha, nein! Endlich naht die Rettung. Bei
der letzten Labestation gibt es allerlei Wurst auf Bauernbrot serviert. Endlich
kann ich sozusagen als "veganes Feigenblatt" ein paar meiner Bärlauchblätter mit drauf legen! Aha, das schmeckt aber
gut! Woher dieses Aha-Gefühl? Ach ja, wir sind sind ja in "Aha"!
Aha! Endlich kann ich meinen Bärlauch nutzen!
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