Trail Menorca Cami de Cavalls vom 15.05. - 16.05.2015 - 185 km und knapp
3000 Höhenmeter -
Bildbericht von Thomas Eller
Wenn man ganz besondere Trails sucht, ganz besondere Herausforderungen für
Trailläufer, dann entdeckt man irgendwann die Trailrunning-Bewerbe auf Menorca.
Fünf verschiedene Längen werden dabei dort auf Menorca angeboten, auf „der
Kleineren“, was Menorca aus dem Katalanischen übersetzt heißt.
Da ist der 32 km lange Trekking Costa Nord (TCN), es gibt die 55 km des Trekking
Costa Sud (TCS), die 86 km des Trail Menorca Costa Sud (TMCS), also die gesamte
Südhälfte der Insel, da ist 100 km lange Trail Costa Nord (TMCN), die gesamte
Nordhälfte der Insel und als Königsdisziplin der 185,3 km Trail Menorca Camí de
Cavalls (TMCdC), der gesamte „Weg der Pferde“ rundherum um die Insel.
Es können also über 70 km mehr sein als auf der Nachbarinsel Mallorca,
katalanisch für „die Größere“, macht das diese Herausforderung attraktiv genug,
sich für die lange Strecke auf der kleinen Insel zu entscheiden?
Im Vorjahr wollte ich schon die
ganzen 185 Kilometer unter die Füße nehmen, ich scheiterte jedoch an meiner zu
niedrigen Geschwindigkeit und auch daran, dass ich die Strecke vollkommen
unterschätzt hatte. Und doch hatte ich damals geschrieben: „Get
here if you can!“ Geh‘ dorthin, wenn Du kannst.
Menorca ist im letzten Jahr und dieses Jahr noch mehr zu meiner erklärten
Lieblingsinsel geworden, weil sie Bilder zeigt, die so schön und so
verschiedenartig sind, wie ich das bisher noch nirgendwo erleben durfte. Statt
einer Küstenstraße gibt es nur eine Straße quer durch die Insel, von welcher
Seitenstraßen an die Küsten führen, die gesamte Küste aber ist den Trailrunnern,
den Mountainbikern, den Wanderern und den Reitern vorbehalten.
Wunderschöne Steilküsten, romantische Sandstrände und kein Mensch ist dort.
Keine Straße führt da hin, Du bist mit der Natur ganz alleine. Das Wasser ist
vor allem im Süden glasklar, ein ganz besonderes Blau, auf dem die Schiffe, wenn
Du mal eines siehst, geradezu schweben. Naturhäfen, mehr oder minder hohe
Natursteilküsten, die Brandung, die Vögel über Dir, weite Landschaft um Dich
herum. Kann es das wirklich noch geben?
Und auf dieser Insel gibt es so viele sensationelle, großzügige, riesige,
moderne oder traditionelle Häuser, meist in besten Lagen, eines schöner als das
andere. Es gibt zwei größere Städte, die Hauptstadt Maó im Südosten und die
zweifellos noch schönere frühere Hauptstadt Ciutadella im Westen, eine Stadt,
die alleine schon die weiteste Anreise wert ist. Und in der startet auch der 185
km Bewerb Cami de Cavalls, morgens um 8 Uhr. Oder neuerdings um 12 Uhr, wenn Du
das magst. Dann darfst Du vier Stunden länger schlafen, die Zielschlusszeit aber
verändert sich nicht. Warum also ein Risiko eingehen und sich hetzen?
Vor dem Start traf ich meinen Freund Raimund am Start. Ich war überrascht, ich
hatte niemanden erwartet, den ich kenne. Insgesamt waren er und ich zwei der
vier deutschen Teilnehmer auf dem langen Bewerb, aber ich hoffe sehr, dass es
bald viel mehr Deutsche sein werden, die sich dieses Erlebnis gönnen.
Und weil wir ja auf dem „Weg der Pferde“ unterwegs sein wollen, gab es vorher
von den edlen Zuchtpferden der Insel eine kleine Dressurvorführung, direkt vor
der Startlinie. Und dann ging es auch schon los mit heftigen Anfeuerungen,
lauter Musik, einem Fest an Farben durch die Starttore und zwischen den bunten
Balustraden vorbei.
Einen Dropbag durften wir abgeben, den es dann nach 100 Kilometern in Es Castell
wieder gab.
Die gesamten 185 Kilometer haben nur rund 2.700 Höhenmeter, deshalb entschied
ich mich heuer, die Strecke ohne Stöcke anzugehen. Zudem entschied ich mich,
alles ein wenig schneller zu beginnen als im letzten Jahr, damit ich für die
Zeit nach der 100 km – Marke, für die Südspange des Rennens, genug Luft haben
würde, um vielleicht zu schlafen, falls es notwendig werden sollte.
Die ersten Kilometer geht es durch die Stadt, es ist einfach zu laufen und ich
neigte schon wieder dazu, die Strecke zu unterschätzen. Aber ich war ja gewarnt
und mir gingen die Bilder von den Märschen durch die Sandbuchten und über die
Holztreppen durch den Kopf.
Aus der Stadt heraus kommend kämpften wir danach über Stunden gegen einen
strammen Wind von vorn, der es allen Läufern schwer machte.
Später dann, kurz vor dem ersten Verpflegungspunkt im wunderschönen Örtchen Cap
d’Artrutx, dort, wo alle Häuser weiß eingedeckt sind, kam zum ersten Mal etwas
wie Euphorie auf. Ich erinnerte mich an die wunderbaren weißen Villen mit den
weißen Dächern und ich freute mich auf die erste Verpflegung. Der Trail dort war
ja, wie meistens auf Menorca, holpriger, harter Stein, ein Geläuf, auf dem Du
ständig hoch konzentriert laufen musst.
Rechts sah ich dann eine TV-Kamera in den Büschen stehen und vor meinem
geistigen Auge sah ich mich schon einen lustigen Hüpfer vor den Kameraleuten
machen, damit die Jungs schönere Bilder im Kasten haben würden.
Meine Konzentration war also kurz weg vom Trail und bei dem Kamerateam, aber das
reichte aus, um mit dem rechten Fuß an einem Stein hängen zu bleiben, zu
stolpern, das Gleichgewicht nicht mehr finden zu können und vornüber auf den
harten Trail zu fallen. Dabei hatte ich noch Glück, dass mein Kopf knapp neben
einem großen Stein aufschlug. Eine geprellte Rippe, vom Abfangen des Sturzes mit
den Händen ein gestauchter Rücken, blutige Hände, Finger und Knie und ein Schlag
auf das linke Knie. Und zu guter Letzt auch noch ein Loch in meiner
Lieblings-Dreiviertelhose!
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