Inhaltsverzeichnis
Suchen
Weitere
Freizetthemen |
|
WEB 2.0 Buttons |
|
|
Inhalt
|
So sitze ich trübsinnig in der Nachmittagssonne, löffle ein warmes
Süppchen von der Verpflegungsstelle, trinke Cola und habe ausnahmsweise
wenig Sinn für die tollen Ausblicke, die sich von diesem „Adlerhorst“ fast
senkrecht über Courmayeur bieten. Was nun ? Zurück nach Courmayeur ? Mein
Streckenkärtchen, das ich am Schlüsselband um den Hals trage, um immer
einen schnellen Überblick zu haben zeigt einen weiteren „offiziellen“
Ausstiegspunkt bei Km 88. Also 13 Km. Könnte trotz meiner
„atemberaubenden“ Geschwindigkeit in gut 3 Stunden zu schaffen sein. Es
ist 15 Uhr. Die Sonne scheint. Also gehe ich 3 Stunden wandern.
Es fällt trotzdem schwer. Die andern Läufer, die mich überholen,
kämpfen noch. Rennen eifrig oberhalb des Val Ferret entlang. Und ich
gehöre irgendwie nicht mehr dazu. Ich mache bereitwillig Platz zum
überholen, feure meine Mitstreiter an, photographiere viel und mache ab
und zu ganz zaghafte Joggingversuche. Denn jetzt könnte man wirklich prima
laufen. Ganz sanftes Gefälle, kaum Steine, Wurzeln oder Geröll.
|
Mont Blanc
Massiv vom Refuge Bertone |
Über dem Val
Ferret |
Über dem Val
Ferret |
Über dem Val Ferret |
Über dem Val Ferret |
Im Val Ferret |
Wahrscheinlich
gab es die ganze Strecke noch kaum ein Stück, das besser zu laufen war als
dieses. Hier kann man wirklich auch gegenüber der Sollzeit wieder etwas
gut machen, was mir im übrigen selbst mit gemäßigtem Wandern gelingt. Aber
jegliche Trabversuche verweigert mein Oberschenkel kategorisch. Vor der
nächsten VS geht es dann zur Abwechslung mal wieder steil und wurzelig
bergab zur Straße im Val Ferret. Dort bietet sich wieder das
unnachahmliche Angebot verschiedener Käsesorten, fetter Salami und
Baguette. Eindeutig französisch, aber für meinen Läufermagen doch sehr
gewöhnungsbedürftig. Aber ich bin ja kein Läufer mehr, sondern nur noch
Wanderer. Während ich seither meine geliebten Bananen sehr vermisst habe
und meine Energie vor allem aus Cola und Riegeln bezogen habe, lege ich
jetzt eine zünftige Vesperpause ein. Sehr lecker. Das Wandern hat auch
seine positiven Seiten. Die nächsten 3 Km läuft die Strecke weitgehend
flach auf der Straße durchs Val Ferret. Landschaftlich nicht ganz so
reizvoll, aber erneut ein Stück auf dem man es wieder rollen lassen kann
(könnte). Die Straße führt in einen Talkessel. Der nächste große Anstieg
zum Grand Col Ferret wartet. Auf mich wartet aber das Refuge Elena – mein
Ausstiegspunkt. Ich sehe mehrere Hütten am Talende. Das muss es sein. Ein
letzter Fall von „Denkste“. Die Alm liegt zwei Km weiter und knapp 400 m
höher auf 2.000 m. Einfach fies für die Aussteiger, aber ideal für
diejenigen, die weiter machen, weil so der Anstieg zum 2.537 m hohen Pass
in zwei fast gleich große Stücke geteilt wird. Die Sonne verschwindet
jetzt hinter den Bergen. Ein herrlicher Tag neigt sich dem Ende zu und für
mich auch der Lauf. Noch eine sehr schwierige Querung einer Schlucht, noch
eine letzte Steilstufe, ein letzter Blick auf die Gletscher und dann
wartet der Besenwagen |
Mein letzter Anstieg |
Ein langer Tag geht zu Ende |
Noch ein letzter Gletscherblick am Refuge Elena |
Dann lockt der Besenwagen |
Der Rücktransport nach Courmayeur und von dort mit dem großen Sammelbus
durch den Mont-Blanc-Tunnel nach Chamonix klappt einwandfrei. Am nächsten
Vormittag stehe ich natürlich im Zieleinlauf um den Finishern meinen
Respekt zu erweisen (von 1.600 Startern finishen 420; davon 150 in den
letzten 4 Stunden). Ca. 3 Stunden vor Zielschluss treffen die ersten
Läufer ein, die in meiner Region waren, als ich aufgehört habe. Natürlich
kommen die Fragen: Wäre es doch gegangen? Zwei Drittel der Steigung hatte
ich doch schon. Den letzten ganz hohen Berg hätte ich in gut einer Stunde
hinter mir gehabt. Dann kommen nur noch zwei Zweitausender und ....
Zwei Wochen später, mit mehr Abstand, bin ich mit mir im Reinen. Der
Oberschenkelmuskel ist hartnäckig immer noch entzündet. Laufen soll schon
anstrengen, aber kaputt machen muss man sich nicht. Es war richtig
aufzuhören.
|
Ein Wort zum Schluss:
In vielen Passagen klingt mein Bericht vielleicht
nicht ganz freudig. Es ist ein sehr schwerer Lauf. Trotzdem ganz
unbestritten ein faszinierendes Erlebnis, das ich nicht missen möchte. Die
Eindrücke und Bilder des Laufs wiegen jede Anstrengung auf. Er hat sicher
das Zeug zum Klassiker, auch wenn sich wahrscheinlich eher die Strecke bis Courmayeur zum Hauptlauf entwickeln wird. Das Preis-Leistungsverhältnis
ist nach wie vor überragend. Perfekte Streckenkennzeichnung, gute
Infrastruktur, T-Shirt, (unterschiedliche) Präsente für Finisher und
arrivants, Spaghettiessen vor dem Lauf und ein grandioses Buffet im Hotel
Majestic am Abend danach – macht alles zusammen 70 € bei rechtzeitiger
Anmeldung.
|
Luxusbuffet zur Krönung eines Luxuslaufs |
Luxusbuffet zur
Krönung eines Luxuslaufs |
Hoffen wir, dass uns die große Runde langfristig erhalten bleibt. Ich
möchte nämlich unbedingt nächstes Jahr nicht mehr nur zu den „arrivants“
gehören. Ich glaube nach den diesjährigen Erfahrungen, dass ich jetzt
weiß, wie es gehen könnte (Gewissheit, dass ich durchkomme, werde ich bei
diesem Lauf nie haben). |
|
Strecke
Die Strecke des Internationalen Ultra-Trails um den Mont-Blanc folgt
zum Großteil dem Weitwanderweg um den Mont-Blanc ( GR TMB ).
Die einzige Ausnahme betrifft das Tal von Chamonix. Hier verläuft die
Strecke auf den ersten 7 km (Chamonix- Les Houches) und den letzten 5 km
(Weiler Chamonix) , während der GR TMB in den Aiguilles Rouges und am
Brevent bis 2525m hinaufführt.
Die gesamte Strecke stellt, von Chamonix ausgehend, eine Schleife von
ungefähr 155 km bei einem Höhenunterschied von 8500m dar.
|
Die Strecke |
|
Tipps für Interessenten
Anbei ein paar individuelle Tipps von Norbert für eventuelle
Interessenten dieses Laufes:
- Realistisches Ziel setzen: Als Normalläufer sollte man sich als Ziel
dieses Laufes setzen, dass man möglichst weit durchkommt und nicht das
Endziel von 155 km in einer möglichst guten Zeit zu schaffen.
- Die Marathonbestzeit sollte schon mindestens bei 3:45 besser bei
3:30 liegen, damit man eine Chance hat das ganze Stück in der recht
knappen Zielschlusszeit von 44 Stunden zu schaffen
- Man sollte schon zuvor Bergultras wie z.B. mindestens den K78 (78,5
km 2320 HM) oder besser den Traunsee Marathon (72 km 4000 HM)
erfolgreich durchgelaufen sein. (Norberts Bestzeit für den K78 liegt bei
8:45!)
- Wenn ich unterwegs Betreuer hätte, würde ich mir die zwei
Laufstecken ab Km 30 (Kirche) geben lassen; sonst aber von Anfang an.
Courmayeur war bei mir zu spät.
- Mit den Stecken würde ich ein bis zwei Liter Cola mit auf den
zweiten Pass nehmen.
- Ersatzsocken mitnehmen (2 Paar) um nach Nässe oder Schlamm ggf. Füße
zu reinigen und auf neue Socken zu wechseln. Reduziert die Blasengefahr.
- In der Vorbereitung eher mal 3-4 Tage hintereinander anstrengende
Wanderungen machen (mindestens je 1.000 HM bergauf und -ab), als
Bergmarathons wo es nur bergauf geht. Die sind erstens zu kurz,
trainieren das bergablaufen nicht und bergauf rennt man beim TMB selten.
- Und dann wie von erwähnt: kein Zeitziel ! Du solltest nicht erst
fünf Minuten vor Ablauf der Sollzeit in Courmayeur eintreffen, aber ich
habe von Läufern gehört, die auch das gemacht haben. Sie haben dann
sofort wieder "ausgecheckt", sind also offiziell wieder auf die Strecke
und sind dann erst zum Duschen und essen gegangen. Bis zum nächsten
Checkpunkt hat man für 18 Km 6,5 Stunden und ab Km 75 eher leichtes
Gelände. Man darf nur nicht in Courmayeur kaputt sein.
Im Forum beim TMB tobt übrigens gerade die Diskussion mit dem (wenn ich
es richtig verstehe) relativ einheitlichen Wunsch die Sollzeit von 44
Stunden beizubehalten aber die Startzeit auf 12 Uhr vorzuverlegen. Das
wäre sicher toll, weil man dann anfangs solange es noch gut geht mehr
rennen kann und auch den technisch schwierigen zweiten Berg bei Tageslicht
hätte. Den Marathon würde ich so sicher noch bei Tageslicht schaffen Die
folgenden 45 Km sind sehr offen und technisch nicht so schwer. Das wäre
bei Nacht gut zu machen. Dann hätte man noch einmal einen kompletten Tag
und mit etwas Glück müsste man dann Chamonix schon "riechen" können. :-)
Wir werden sehen. |
|
|
|