Inhaltsverzeichnis
Suchen
Weitere
Freizetthemen |
|
WEB 2.0 Buttons |
|
|
100 km durch die Dunkelheit - 10 Stunden wie eine Ewigkeit
„Die 100 KM von Biel – Ich war dabei!!!“, das wollte ich auch einmal
sagen. Die Idee, die 100 KM von Biel zu laufen, kam mir in der Euphorie
nach meiner Teilnahme beim Rennsteiglauf 2003. Vor zwei Jahren startete
ich den ersten Versuch. (Biel 2006) Leider legte mich eine Woche zuvor
eine Erkältung flach. Absage! Deshalb fehlt auch der entscheidende
Bericht: 100 km durch die Dunkelheit! Aber zwei Jahre warten haben sich
für mich gelohnt!
Vor dem Start – Es ist schon alles gesagt, nur noch nicht von allen.
Das sagt Karl
Valentin. Ein Nachtlauf ist lang. Die Gedanken kreisen. Ich denke
mir, wie hätte Karl Valentin diesen Lauf kommentiert. So setze ich jedem
Kapitel ein Zitat von dem Münchner Unikat voran.
Manfred, Brigitte und ich reisen am Freitagnachmittag an. Es herrscht
schon reger Betrieb. Wir holen die Startunterlagen ab und bereiten uns
vor. Anschließend legen wir uns noch 1 Std. aufs Ohr. Dann macht sich
Manfred auf den Weg, denn die Radbegleiter starten eine halbe Stunde
vorher.
0 km – Ich kenne keine Furcht, es sei denn, ich bekäme Angst.
Nervosität…..ein bisschen mulmig ist mir
schon…..Lampenfieber…..Motivation von Brigitte…..ich gehe zum
Start…..hier ist Halli-Galli…..Countdown…..Kanonenböller…..es geht los!
10 km – Jedes Ding hat 3 Seiten, eine positive, eine negative und
eine komische.
Raus aus Biel…..die Nacht umgibt uns…..Sternenhimmel…..der Mond kommt
und spitzt hinter einer Wolke hervor…..eine lange Schlange von Läufern
schlängelt sich durch die Nacht.
20 km – Ich freue mich heute noch, dass es mir gelungen ist, den
heutigen Tag zu erleben.
Freitag, der 13. ist Geschichte…..Geisterstunde…..Burkhard aus Allendorf
begegnet mir…..wir kennen uns vom Rennsteig…..eine Zeit lang laufen wir
zusammen…..dann trennen sich unsere Wege. |
Manfred begleitet mich auf dem Rad
|
30 km – Ein so kleines Zelt und trotzdem wird man nicht nass, wenn
es nicht regnet.
Verpflegungsstelle Scheunenberg…..ich greife erstmals zur
Bouillon…..hoffentlich verträgt mein Magen diesen Mix aus Riegeln,
Wasser, Tee, Cola und Bouillon?.....weiter…..weg vom Licht…..hinaus in
die Nacht…..schwarz…..Dunkelheit…..nur viele rote Lichtpunkte…..die
Rücklichter der Fahrradbegleiter.
40 km – Was ist ein Optimist? Ein Mensch, der Dinge nicht so
tragisch nimmt, wie sie sind.
Schmerzen…..die Füße…..jetzt schon?.....warum?.....falsche
Schuhe?.....wie lange kann das gut gehen?.....werde ich es heute
schaffen?
50 km – Mögen hätt´ ich schon wollen, aber dürfen habe ich mich
nicht getraut.
Gedanken ans Aufgeben schwirren mir seit einiger Zeit durch den
Kopf…..NEIN!
60 km – Fremd ist der Fremde nur in der Fremde.
Tiefschwarze Nacht…..Dunkelheit.....ein schmaler
Pfad…..Wurzeln….Steine…..allein…..nur der Lichtkegel meiner Stirnlampe
begleitet mich. Das ist der 10 km lange Emmendamm-Abschnitt auch
Ho-Chi-Minh-Pfad genannt.
70 km – Hoffentlich wird es nicht so schlimm, wie es schon ist.
Wieder Schmerzen in den Füßen…..seit kurzem sind wir wieder auf
Asphalt…..wie tausend Nadelstiche…..ich denke wieder ans Aufgeben.
80 km – Ich möchte nicht, dass mich Bekannte erkennen.
Es geht mir schlecht!.....Schuhwechsel?.....vielleicht bringt das
Linderung?.....gesagt, getan…..wunderbar!.....wie neugeboren…..es läuft
wieder…..die Schmerzen sind wie weggeblasen. |
Verpflegungspunkt in der Nacht der Nächte
|
90 km – Die Zukunft war früher auch besser.
Ab jetzt wird runter gezählt…..die Schmerzen in den Füßen sind wieder
da…..2 Minuten Gehen…..2 km Laufen
99 km – Mein Magen tut mir weh, die Füß tun mir weh, der Kopf tut
mir weh, mein Hals ist entzunden – und ich selbst fühl mich auch nicht
wohl.
Es tut zwar alles weh, aber nur noch läppische tausend Meter trennen
mich von meinem großen Ziel.
100 km – Heute ist die gute alte Zeit von morgen.
Immer mehr Zuschauer sammeln sich am Streckenrand.
Jubel!.....Applaus!.....Hopp, hopp, hopp-Rufe.....ein einziges
Fahnenmeer…..es kribbelt…..ich bin überwältigt…..ich bin da…..ICH BIN AM
ZIEL! |
Der Zieleinlauf
|
Gruppenfoto
|
Nach dem Lauf – Wer am Ende ist, kann von vorn anfangen, denn das Ende ist
der Anfang von der anderen Seite.
Looking out at the road rushing under my feet
Looking back at the miles gone by like some power bar I eat
At sixty-five it was happiness and I called the road my own
I don´t know where I´m running now, I´m just running on
Running on – running on empty
Running on – running blind
Running on – running into the sun
But I´m running behind Frei nach Jackson Browne
Run happy and smile!
Jochen Brosig
Röttenbach, den 15. Juni 2008
P.S.
Ob ich noch einmal an diesem Lauf teilnehme?
Das kann ich noch nicht sagen. Es gibt noch so viele andere
Herausforderungen. Davon wird dann natürlich wieder knallhart berichtet.
Ihr könnt Euch wieder über meine Erfolge und Misserfolge freuen. Alles
in Technicolor mit Dolby Surround und in THX!!!
Übrigens, am Tag danach ging es mir blendend. Meine Beine und Muskeln
waren recht frisch. Muskelkater hat sich im normalen Rahmen eingestellt.
Ich habe 100 KM am Stück zu Fuß zurückgelegt und es gibt Momente, in
denen ich das noch gar nicht so richtig glauben kann.
Mein besonderer Dank geht an alle die mich unterstützt haben!
Den allergrößten Dank bekommen meine Frau Gudrun und mein Sohn Jonas,
die es mir mit Ihrer Rücksichtnahme und Fürsorge ermöglichten an diesem
Lauf teilzunehmen.
Meinem Trainer, Laufmentor und Freund Manfred danke ich für seine
Trainingstipps und Unterstützung. Viele gemeinsame Trainingsstunden, das
Trainingslager in Kärnten bis zur Radbegleitung in Biel. Zehn Stunden
als Begleiter im Fahrradsattel sind nicht leicht. Ebenso Brigitte, die
mich hier in Biel unterstützt hat.
Und da wären noch alle Freunde vom Langstreckenteam und vom Team-Bittel,
Erwin Bittel und Thomas Schmidtkonz, sowie allen die mir zahllose eMails
geschrieben haben. So eine Nacht ist lang und auch diese Unterstützung
gibt mentale Kraft. |
|
|
Links:
|
|