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Gegensätze in Biel am frühen Morgen hinter KM 70:
Himmel hoch jauchzend - zu Tode betrübt

laufspass.com -  100 km von Biel vom 11.6. - 12.6.2004 - Bildbericht von Thomas Schmidtkonz

Die Nacht der Nächte - Ein Kultlauf mit traditionellen Wetterkapriolen

"Irgendwann mußt du nach Biel"

Teil 1 - Der Start

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Inhaltsverzeichnis

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Inhalt

Einleitung Vor dem Start Straßenfeste Stille der Nacht Der Große Regen
Ho Chi Minh Pfad Der lange Anstieg Der lange Marsch Das Ziel der Träume Infos / Links / Bewertung

Sie können die großformatigen Rohbilder zu diesem Lauf auf CD für 15,00 EUR inklusive Porto (innerhalb Europas) erwerben.
Auf der CD sind weitere Bilder enthalten und das Format ist deutlich größer!
Weitere Infos bitte per E-Mail anfordern. / Infos zu AGB / Widerrufsrecht usw.

 

Einleitung

Die Bieler Lauftage mit ihrem weltberühmten 100 Kilometerlauf haben bereits Kultstatus. Wer als Läufer was auf sich hält muss nicht nur einmal Kultläufe wie den Boston -, New York -, Jungfrau-, London- oder Berlin-Marathon gelaufen sein, nein er muss sich auch wenigstens einmal in seinem Läuferleben an die unbeschreiblich lange Distanz von 100.000 Metern gewagt haben. Im Gegensatz zu den meisten anderen 100 - Kilometerläufen ist in Biel auch die Stimmung was ganz anderes. Der Umstand, dass man z.B. statt 10 öden 10 - Kilometerrunden nur eine einzige Runde durch schöner Landschaft in einem durchaus nicht einfachen profilierten Gelände läuft ,macht den Lauf schon zu was Besonderen.
Aber nicht nur das. Der Start erfolgt Abends um 22:00, wenn es gerade dunkel wird. So läuft man in die Nacht hinein. Zuerst an Zuschauermassen und unzähligen Straßenfesten vorbei, bis man schließlich in die Dunkelheit und Stille der Nacht förmlich abtaucht.
Irgendwann zieht sich das Feld auseinander und es wird auch immer einsamer um einen. Wenn man auf Fahrradbegleitung verzichtet, ist man dann völlig auf sich allein gestellt und erwartet mit Sehnsucht den allmählich grauenden Morgen. Je nach Schnelligkeit befindet man sich dann sozusagen als Neugeborener, vom Licht der Sonne bestrahlt, entweder schon kurz vorm Ziel oder wie so viele Normalläufer noch zig Kilometer und viele Stunden davon entfernt.
Erhebend ist dann schließlich das Gefühl, wenn man die 99 Kilometermarke erspäht und dann weiß: Ich habe es geschafft. All das Leid, all die Plagen der Strecke, Wind, Wetter, Sturm und Hitze und die Blutblasen sind vergessen. Man schwebt auf Wolke 7 ins Ziel ein und fühlt sich wie von einer anderen Welt.

Heute sind die 100 km von Biel wohl der größte und wichtigste "Hunderter". Dabei begann alles so klein:
6 Wochen bevor ich das Licht der Welt erblickte, begaben sich bereits am 13.11.1959 35 Unentwegte auf diese lange Distanz. 22 hielten den Entbehrungen und Wetterunbilden stand und bewiesen so, dass auch der motorisierte Mensch der "Moderne" noch 100 Kilometer am Stück marschieren oder laufen kann. Historiker die z.B. was über die Marschleistungen Napoleonischer Armeen oder der chinesische Volksarmee beim "Langen Marsch" geschrieben haben mag das genauso wenig verwundern wie Weltkriegsveteranen, die in der Infanterie durch Russlands Weiten marschieren "durften".

43 Jahre später im Jahr 2002 spiele ich erstmals mit den Gedanken mich an diese für mich unvorstellbare Distanz irgendwie zu wagen. Aber ich schiebe dieses Vorhaben dann doch immer wieder ängstlich vor mich her.
Endlich ist es dann im Februar 2004 nach dem Bad Füssing Marathon  so weit, dass ich mich trotz leichter aber länger andauernder Beschwerden an der rechten Ferse am Achillessehnenansatz einfach zum Hunderter anmelde, um endlich Nägel mit Köpfen zu machen.
Meine Freunde Andreas und Mathias ohnehin etwas wagemutiger machen es auch so.
Da wir nicht wissen wie es so ist durch die Nacht zu laufen, starten wir im April 2004 einfach einen Test und laufen 36 km durch die Nacht. Als wir morgens um 3:20 unser Ziel erreichen, wissen wir, dass Nachtläufe unproblematisch sind. Aber die Vorstellung jetzt noch 64 km laufen zu müssen, lässt uns 100 km - Aspiranten erschaudern. Bei solchen Gedanken schlottern uns schon die Knie...

Wenige Tage vor dem großen Lauf lese ich zur Einstimmung über die "Einsamkeit des Langstreckenläufers bei Kilometer 70" in Werner Sonntags Buch "Marathon" am Frühstückstisch in gemütlich warmer Wohnung fernab abenteuerlicher Laufstrecken: "100 Kilometer - dies ist ein Volksfest... Um 4 Uhr morgens finde ich vor einem Haus am Waldrand eine Kanne heißen Tee  und Tassen ... "

Zufrieden neige ich mich zurück und schlürfe im trauten Heim fern von jeglichen Ungemach meinen stark gesüßten Tee. "Oh wie schön, welch' Freuden warten auf mich!"

"...Kirchberg, die große Zäsur bei Kilometer 59. Die Szene erinnert an einen Hauptverbandsplatz, penetranter Geruch nach Massagemitteln, die Samariter massieren nach Leibeskräften ..."

Ängstlich steigt es mir in den Kopf: Oh je zu was hast du dich da angemeldet? 42 Kilometer passen in mein Verständnis noch rein, aber 100 km sind doch wohl 120.000 Schritte. Habe ich schon mal weiter als bis 1000 gezählt? Als Kind habe ich es mal vergeblich versucht ...

Das Kapitel schließt "Der Hunderter in Biel hat eine neue Dimension im Langstreckenlauf eröffnet. Und für manchen auch im Leben. Wie hat einer geschrieben: Irgendwann mußt du nach Biel. Es muß ein Verrückter gewesen sein."

Auch ich muss da hin. Wie aber erging es mir "Verrückten"?

Vor dem Start

Meine Frau Gaby und mein Schwager Rudolf, die sich für den Bieler Halbmarathon angemeldet haben, machen sich über mich lustig als sich  meine Aufregung schon am Vortag des Wettkampfes von Minute zu Minute steigert. Noch fahren wir auf unseren ungewöhnlichen Anfahrtsroute durchs schöne Elsass. Den Abend verbringen wir in Eguisheim, einem malerischen Weindorf am Rand der Vogesen. Man fühlt sich dort in eine Mittelalterliche Romantik versetzt und bei leckerem Flammkuchen schwören wir uns - zu einem Berglauf in den Vogesen natürlich - wieder zu kehren.

Am nächsten Tag, dem Renntag, erreichen wir unser Hotel in Möringen südlich von Biel. Als wir um 6 noch im Hotel zu Abend essen - ich mein Henkermahl - schüttet es aus vollen Kübeln. Na denn Prost stoße ich mit meinem alkoholfreien Bier an! Was mag da noch so alles auf mich warten.

Aber es wartet erst einmal nicht Regen auf uns, sondern Ärger anderer Art. Wir verirren uns gnadenlos bei der Anfahrt zum Startbereich. Wir sind den Schildern der Strecke nachfahren und nicht den Wegweisern zum Startbereich, die nirgends zu finden sind.
Nein ganz so dumm sind wir dann auch wieder nicht, dass wir 100 km im Kreis fahren. Ich will diese Strecke ja laufen und nicht fahren.
:-) Spaß beiseite, ein paar nette Läufer, die sich mit den örtlichen Gegebenheiten besser auskennen als wir, weißen uns den rechten Weg.

Wir finden dann auch noch einen schönen Parkplatz und wollen uns als nächstes die Startunterlagen holen. Das klappt dann auch endlich mal reibungslos.

Die Startunterlagen werden in der Eishalle ausgegeben

Während sich Gaby und Rudolf noch etwas umsehen wollen, gehe ich zum Auto zurück, um mich startklar zu machen. Da ich wieder meinen sperrigen Fotoapparat dabei habe, kann ich auch gleich meinen Laufrucksack mitnehmen. Da stecke ich dann noch etwas zum Anziehen mit rein, falls die Nacht oder der Morgen kalt wird.

Wegen der eventuellen Dunkelheit will ich auch meine Stirnlampe mitnehmen. Diese Entscheidung kann ich im nachhinein nur voll und ganz gut heißen.

Als ich zurück komme sind schon meine Bekannten Andreas, Mathias und Stefan zusammen mit all den anderen Mitstreitern in der Starterzone versammelt:

Reges Treiben bereits eine 3/4 Stunde vor dem Startschuss

Links Rudolf und Gaby, die sich erst morgen an den Halbmarathon wagen - rechts Stefan

Die 100 Kilometer - Kämpen: Stefan, Mathias, Andreas und ich (schon vor dem Startschuss ganz erschüttert)

Rechts Militärwagen. Da die Lauftage von Biel auch ein Militärwettkampf sind, werde sie tatkräftig vom Schweizer Heer logistisch unterstützt

Stefan, Mathias, Andreas - alle drei ziemlich cool

Gar mancher fiebert hier schon der Nacht der Nächte entgegen

Mit dem obligatorischen "Galgenhumor" vor so einem Lauf versuchen wir uns gegenseitig aufzumuntern. Mich lenkt das Hantieren mit der Kamera etwas von meiner Aufregung ab.

Eine bekannte Läuferin wird gerade interviewt. Sie schwärmt von der "Nacht der Nächte".

Ich höre kaum zu. Plötzlich ertönt der Startschuss. Wir lassen die ersten an uns vorbei ziehen. Da ich noch Fotos schieße, verliere ich darauf gleich meine drei Bekannten ...

Der Startschuss ist gefallen

Straßenfeste

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