Die waldigen und hügeligen Kilometer 40 - 48 sind sicher
landschaftlich reizvoll. Nur merke ich davon wenig, da der Himmel nun
immer mehr seine Schleusen öffnet. Weil es nun auch kalt wird, packe ich
meine Jacke aus dem Rucksack aus.
Gerade in den bewaldeten Abschnitten sieht man selbst mit Lampe kaum mehr
was. Ich sehe nur im Strahl der Lampe wie heftig es regnet. Ich muss an
den schnelleren Mathias denken, der vielleicht schon am "Ho Chi Minh Pfad"
ist. Wie mag es erst ihm bei diesem problematischen Abschnitt bei solchen
Bedingungen ergehen? Beim Verpflegungspunkt in Jegensdorf
sehe ich viele Läufer mit Decken zugedeckt unter den Dachvorsprüngen
sitzen und liegen. Das sieht zwar verlockend aus, aber nein jetzt nur
nicht defätistische Gedanken aufkommen lassen. "An
diesem Tage brachen alle Quellen der großen Urflut auf, und die Fenster
des Himmels öffneten sich", Genesis 7,11 Nur wenige
Hundert Meter später bin auch so gut wie am Ende. Jetzt hat der Himmel
endgültig all seine Schleusen geöffnet. Die 2. Sintflut scheint
angebrochen zu sein. Meine Arche wird ein altes überdachtes Bauernhaus.
Vor Kälte und Nässe schlotternd warte ich voller Sehnsucht auf das Ende
des großen Monsums. Lange Minuten und Minuten vergehen. Ich
starre ungeduldig in die Sintflut hinaus. Immer wieder laufen ein paar
"Amphibienläufer" vorbei. Soll ich es Ihnen gleich tun?
Schließlich halte ich es nicht mehr aus und wage da ich ohnehin schon
total durchnässt bin den Sprung ins kühle Nass.
Ich zittere vor lauter Kälte sehne mich an ein trockenes
und warmes Plätzchen und sinniere über Emil Zatopeks Spruchs " ... Fisch
schwimmt ..". "Mensch Emil! Der Mensch doch auch!". Der
Regen lässt etwas nach und ich komme mit einen Leidensgenossen in ein
angeregtes Gespräch. Wir freuen uns gemeinsam als wir eine Viertelstunde
vor Fünf die 50 Kilometermarke passieren. Im Gespräch Raum
und Zeit vergessend übersehe ich dabei zwei besonders tiefe Pfützen.
Zuerst wird der rechte und dann der linke Fuß dabei total durchnässt.
Jeder Schritt macht nun Platsch, Platsch.
"Na super! Nun auch das noch!". Später werde ich mir dann auch prompt zwei
herrliche Blasen am Fußabsatz holen. Allmählich graut der
Morgen. Da es nun fast aufgehört hat zu regnen, wird es mir wieder etwas
wärmer. Ich überlege mir das Reservelaufshirt anzuziehen. Aber es ist im
Rucksack ebenfalls nass geworden. So kann ich mir das sparen.
Ich erkundige mich bei meinem Gesprächspartner wo der Ho Chi Minh Pfad ist
und werde aufgeklärt, dass mit diesem nächsten Abenteuer ab Kilometer 58
zu rechnen ist. Mein Gesprächspartner ist etwas schneller
und so laufe ich dann beim zweiten möglichen Ausstiegspunkt bei Kilometer
56 in Kirchberg alleine ein. Dort nehme ich erst einmal so was wie ein
Läuferfrühstück ein.
Kirchberg könnte mal als "Vortor zur Hölle" zum berühmt berüchtigten Ho
Chi Minh Pfades bezeichnen ... |